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 Forum Index —› Diskussion —› Altstädte ziehen junge Bewohner an
 


Autor Mitteilung
Dirk1975
Moderator

Beiträge: 435


Gesendet: 14:09 - 20.01.2004

Altstädte ziehen vor allem junge Bewohner an

Überraschende Ergebnisse einer Studie in Görlitz: Innenstadt-Quartiere wachsen auf Kosten der Siedlungen am Rand

Görlitz - Wie lässt sich der Stadtumbau Ost mit den Wohnwünschen der Stadtbewohner in Einklang bringen? Die Frage hat der Soziologin Gisela Thiele keine Ruhe gelassen - und siehe da: Was bei der Befragung von 1500 Einwohnern der deutschen Grenzstadt Görlitz herauskam, das setzte dann doch die Planer in Staunen. Die Professorin hat die Ergebnisse in einer Studie unter dem Namen "Sozialstruktur, Wohnzufriedenheit, urbane Lebensqualität" zusammengefasst, die weit über Görlitz hinaus für Aufsehen sorgen wird. Vor allem aber erhitzt sie erst einmal die Gemüter der Görlitzer. Und das aus gutem Grund. Denn die Ergebnisse decken sich nicht mit landläufigen Meinungen.


Der erste und Aufsehen erregendste Befund: Die Innenstadt von Görlitz, eine der besterhaltenen Altstädte Deutschlands, wird immer "jünger". Denn hier in den Häusern aus allen Bauepochen bis zurück in die Renaissance und Gotik siedeln sich bevorzugt jüngere Einwohner an, während sich der Rentneranteil in Plattenbausiedlungen wie Königshufen seit 1999 von 25 auf 40 Prozent erhöht hat.


Noch ein zweiter Befund zeichnet die Altstadt aus: Zuzügler aus anderen Regionen wählen bevorzugt den Altstadtkern als Wohnort. Düster dagegen sieht die Entwicklung in den Plattenbaugebieten aus. Hier konzentriert sich mehr und mehr die Bevölkerung, die in Bezug auf Schulbildung, Tätigkeit und Einkommen den geringsten sozialen Status aufweist.


So sind es auch vor allem Bewohner der "Platte", die sich von der Studie der Sozialwissenschaftlerin brüskiert fühlen. Dagegen sieht sich die Stadtverwaltung in ihrer Strategie bestätigt, die Quartiere der Innenstadt zu beleben, die Plattenbauviertel aber für den Rückbau vorzusehen. Der Görlitzer Baubürgermeister Stefan Holthaus (SPD): "Wir haben keine Probleme mit den Daten und arbeiten in der Lenkungsgruppe Stadtumbau mit ihnen."


Die "Abstimmung mit dem Möbelwagen" liefert für diese Einschätzung unmissverständliche Daten. Danach steigt die Einwohnerzahl der historischen Altstadt seit 1995 kontinuierlich an. Betrug sie 1999 noch 1857 Einwohner, so waren es 2001 1969 und im September 2003 bereits 2132. Mit beschleunigter Tendenz. In einem einzigen Jahr ist sie um 5,9 Prozent gestiegen. In den Plattenbauvierteln dagegen ging sie im gleichen Zeitraum um 5,3 Prozent zurück. Eine Mittelstellung nimmt die Innenstadt mit ihrem breiten Gürtel qualitätvoller Gründerzeithäuser ein. Hier nahm die Bevölkerung zwar seit 1999 noch von 14201 auf 13704 Einwohner ab. Doch der Rückgang verlangsamt sich. Im letzten Jahr lag er nur noch bei 0,1 Prozent.


Genau dies hat die Studie vorausgesagt. Auf die Frage nach den "Wohlfühl-Wohnwünschen" gaben viele Bewohner aus Königshufen an, dass sie in andere Stadtteile wegziehen wollen, während umgekehrt kaum noch einer erklärte, dass er in die "Platte" will. Franz Josef Keul vom Görlitzer Stadtplanungsamt: "Das deckt sich mit unserer Strategie für den Stadtumbau. Wir wollen Görlitz von außen nach innen zurückbauen - und die Innenstadt erhalten." dg.




Artikel erschienen am 20. Jan 2004
Die Welt
H. C. Stössinger
Senior-Mitglied

Beiträge: 422


 

Gesendet: 14:54 - 20.01.2004

"...das setzte dann doch die Planer in Staunen."

Was haben diese Leute die ganzen Jahre gemacht in ihren Büros und Ämtern?? Keine Ahnung haben diese Leute von ihren Jobs - das Resultat ist ja zu sehen - es sind doch alles Stümper! Muss man denn alles selbst machen? Die sollten mich mal fragen, dann wissen sie, wie eine Stadt auszusehen hat!! Mein Gott!
Philipp
Mitglied

Beiträge: 168


 

Gesendet: 16:40 - 20.01.2004

Diese Studie sollte man den Stadtvätern Leipzigs auf den Tisch hauen und dann eine in die Fresse!
Bevor jemand fragt, ich beziehe mich auf den Abriß von unsanierten Gründerzeithäusern und den gleichzeitigen Erhalt von mehr Platten!
Bewacher
Mitglied

Beiträge: 215


 

Gesendet: 17:16 - 20.01.2004

Ich habe bereits eine ähnliche Studie gelesen und sogar im DWF mal versprochen, die relevante Broschüre zuhause zu finden - was mir bisher nicht gelungen ist...

Dies zeigt, wie wichtig es wäre, solche Argumente und Beispiele geordnet zu sammeln - und an die Entscheidungsträger (Kommunalpolitiker, Stadtplaner, Investoren) weiterzuleiten. (Auch mal via Mails oder Foreneinträge... )
Antiquitus
Moderator

Beiträge: 943


 

Gesendet: 17:43 - 20.01.2004

"So sind es auch vor allem Bewohner der "Platte", die sich von der Studie der Sozialwissenschaftlerin brüskiert fühlen."

das ist mir einfach unverständlich. wenn die leute mit ihrem status nicht zufrieden sind, dann sollen sie ihn erhöhen. aber nicht meckern, wenn jemand die wahrheit sdagt.

übrigens ist das in berlin auch so. die sanierten altbaugegenden haben die gehobensten und jüngsten mieter.
die unterschicht bleibt in den platten, nachkriegssozialbauten oder vegetiert in unsanierten altbauten vor sich hin.


weiß wer, wie man an die genaue studie rankommt?
Antiquitus
Moderator

Beiträge: 943


 

Gesendet: 17:46 - 20.01.2004

Wohlfühlen in Görlitz – die Kontroversen bleiben
Professorin Gisela Thiele hat in einem Bürgerforum ihre umstrittene Studie vorgestellt
Von Matthias Nicko

Die Ergebnisse der Befragung zum Thema „Wohlfühlen in Görlitz“ hat Professorin Gisela Thiele interessierten Bürgern vorgestellt.

Die Zukunft von Görlitz scheint vor allem älteren Bürgern am Herzen zu liegen. Denn sie bilden unter den 60 Zuhörern, die am Mittwochabend in die Blue Box der Fachhochschule kommen, die große Mehrheit. Die Stühle reichen kaum. Als jeder Besucher Platz gefunden hat, wirft Gisela Thiele das erste Schaubild der Untersuchung an die Wand. Die Studie trägt den Namen „Sozialstruktur, Wohnzufriedenheit, urbane Lebensqualität“ und wurde von Hochschulstudenten im Sommer 2002 unter 1 500 Bürgern durchgeführt.

Zu Beginn zeigt die Professorin eine Grafik zur Verteilung des sozialen Status der Görlitzer auf die Stadtteile. Von diesem Teil der Untersuchung hatten sich nach der SZ-Veröffentlichung am 12. Juni 2003 vor allem Bewohner der Plattenbauviertel brüskiert gefühlt, da er ihnen in Bezug auf Schulbildung, Tätigkeit und Einkommen den geringsten sozialen Status attestierte. „Wir wollten niemanden abstempeln“, sagt Frau Thiele. Und räumt in dem Vortrag ein, dass das Forscherteam die Grenze der Zugehörigkeit zu Unter-, Ober- und Mittelschicht willkürlich festgelegt habe.

Eine 61-jährige Königshufenerin, die vor eineinhalb Jahren zu den Befragten gehörte, bemängelt im Nachhinein die Einseitigkeit und Geschlossenheit mancher Fragestellung. Derweil interpretiert der Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Görlitz (WBG), Gerd Kolley, „das eine oder andere Ergebnis“ anders. Während der Studie zufolge 56 Prozent der Görlitzer WBG-Wohnungen unsaniert sind, ist es laut Kolley nur ein Drittel. Denn schon erneuerte Fenster rechtfertigen in einer Wohnung den Status „teilsaniert“.

Rathaus muss Ergebnisse ernst nehmen

Schaubild um Schaubild präsentiert die Soziologie-Professorin. Dabei erschließt sich dem Publikum die Altersgruppenverteilung in den Stadtteilen ebenso wie die Eigentümerstruktur der Görlitzer Wohnungen. Die Studienergebnisse decken sich in vielerlei Hinsicht mit den Eindrücken, die Georg Walter gesammelt hat. Der 65-Jährige wohnt erst seit einem halben Jahr in der Stadt und empfindet beim Gang über die Straßen, dass Görlitz überaltere. Diesen Prozess sieht er – wie auch die Studie – am ehesten in der Innenstadt aufgehoben. Der Mann nennt die Untersuchung „eine Hilfe zur Wirklichkeitsfindung“, weswegen sie vom Rathaus ernst genommen werden müsse.

Allerdings wünsche die Stadt laut Gisela Thiele keine Veröffentlichung. Dieser Darstellung hält der Görlitzer Baubürgermeister Stefan Holthaus (SPD) entgegen: „Wir haben keine Probleme mit den Daten und arbeiten in der Lenkungsgruppe Stadtumbau mit ihnen.“

Das Rathaus war Auftraggeber der Untersuchung und hatte den Befragten angekündigt, die Ergebnisse in Bürgerforen vorzustellen. Doch die Foren haben nicht stattgefunden und werden es auch nicht. Holthaus begründet das damit, keine neuen Wunden aufreißen zu wollen, nachdem sich Bürger nach der SZ-Veröffentlichung im Sommer über manches Ergebnis empört hatten. Zudem wolle man „den Prozess des Stadtumbaus nicht belasten“. Dieser verfolgt das Ziel, die Quartiere der Innenstadt zu beleben, was einen Rückbau in den Plattenbauvierteln erfordert.

Zwischen 1999 und 2002 hat sich der Studie zufolge allein in Königshufen der Rentneranteil von 25 auf 40 Prozent erhöht. Ferner sind in dieser Zeit fast alle Beamten aus dem Stadtteil verzogen, während sich die Gruppe der Sozialhilfeempfänger verdreifacht hat.

Gisela Thiele hat unpopuläre Daten wie diese nun in ihrem eigenen Bürgerforum öffentlich gemacht, was im Publikum mit der Vermutung „Die Professorin kriegt deshalb wohl Wohnverbot in Görlitz“ quittiert wurde.

Quelle: http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=565045


"Gisela Thiele hat unpopuläre Daten wie diese nun in ihrem eigenen Bürgerforum öffentlich gemacht, was im Publikum mit der Vermutung „Die Professorin kriegt deshalb wohl Wohnverbot in Görlitz“ quittiert wurde."

das ist wirklich schlimm.
ein berühmter philosoph sagte mal: wenn die realität nicht mit der theorie übereinstimmt, um so schlimmer für die realität.
das haben wir hier auch. manche halten platten aus ideologischen gründen für das beste, was dem menschen passieren kann. sieht der mensch das anders, dann liegt es niemals im konzept der platte.
H. C. Stössinger
Senior-Mitglied

Beiträge: 422


 

Gesendet: 18:02 - 20.01.2004

Rathaus muss Ergebnisse ernst nehmen!!!

Bewacher
Mitglied

Beiträge: 215


 

Gesendet: 18:12 - 20.01.2004

"manche halten platten aus ideologischen gründen für das beste, was dem menschen passieren kann. sieht der mensch das anders, dann liegt es niemals im konzept der platte."

Manche lesen wohl die Ergebnisse falsch - sie bedeuten ja nicht "Wer in den Plattenbausiedlungen wohnt, ist bestimmt ein Asozialer", sondern: Wer es sich leisten kann, zieht von den Plattenbausiedlungen in die schöneren weg!

Bei Gelegenheit - wenn Sie meinen, die SZ hätte es anders darstellen sollen, können Sie es ja im SZ-Forum schreiben - ich habe extra einen Thread angelegt:
http://www.sueddeutsche.de/app/service/forum/showflat.php?Cat=&Board=Relaunch&Number=12761&page=0&view=collapsed&sb=5&o=&fpart=1
"Sowenig Objektivität in dieser Zeitung..."
H. C. Stössinger
Senior-Mitglied

Beiträge: 422


 

Gesendet: 08:58 - 21.01.2004

Heute in der Hamburger Morgenpost:

>>Wie grässlich ist Harburg?<<

Fritz Tietz spricht den meisten Bürgern aus der Seele. Politiker und Architekten blocken jedoch jede Kritik sofort ab. Man bezichtigt dem Autor einer Inkompetenz. Der Bauunternehmer Weber rühmt sich weiter seiner Schrottarchitektur. Statt die Bewohner zu befragen, was die davon halten, klopft er sich nur selbst auf die Schulter.

Man sieht, die Gesellschaft muss noch viel reifer werden, um diesem Unfug energisch zu begegnen und den Halbgöttern in Politik und (Schrott-)Architektur die Mehrheitsmeinung schmerzlich ins Gesicht zu schmettern!

Sonicted
Stammgast

Beiträge: 68


 

Gesendet: 11:17 - 21.01.2004

"Im Binnenhafen haben wir die spektakulärsten Gebäude der Stadt. Der hat wohl noch nie den Channel-Tower, das Silo oder den Veritaskai gesehen."

Der Architekt vertritt natürlich die Meinung, dass "spektakuläre" Gebäude einen Stadtteil schon lebenswert machen. Dies ist typisch für Anhänger der Moderne, typisch auch für die Hamburger Stadtplaner, die sich ja so sehr nach modernen "Landmarks" als Wahrzeichen für ihre Stadt sehnen. Eine Stadtplanung, die Urbanität schafft und die die Probleme der letzten 40 Jahre löst, wird nicht praktiziert.
H. C. Stössinger
Senior-Mitglied

Beiträge: 422


 

Gesendet: 12:10 - 21.01.2004

Was haben diese Leute nur in ihren Köpfen? Spektakuläre Architektur - zum Preisgeldgewinnen - na klar! - zur Schaffung von Urbanität - Fehlanzeige! Eigentlich fällt mir dazu kaum etwas ein. Die Architekten und Planer denken immer noch, dass die ganze Welt nur auf ihre Mißgeburten wartet - Umfragen werden weiter ignoriert. Ich höre hier mal auf, sonst bringe ich heute noch jemanden um!

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Ich bitte um Abstimmung am Beispiel Altona!

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