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 Forum Index —› Deutschland —› Patzschke, Klotz & Partner - Architektur in Berlin
 


Autor Mitteilung
luciensteil
Novize

Beiträge: 38


 

Gesendet: 18:51 - 15.05.2003

Patzschke ist ein sehr freundlicher und bescheidener Architekt und ich bin überzeugt dass er Euren Besuch schätzen würde...Er ist es ja nicht gewohnt in Deutschland sehr gefällig und hochachtungsvoll behandelt zu werden von seinen Kollegen und den illustren selbstgefälligen Dekonstruktivismus-Schreiblingen...

Beste Grüsse
Lucien Steil
mathias
Senior-Mitglied

Beiträge: 315


 

Gesendet: 18:59 - 15.05.2003

Na dann schon mal schöne Grüße von seinen treuen Fans hier!
Schauinsland
registriert

Beiträge:


 

Gesendet: 07:16 - 19.05.2003

wenn ich Herrn Patzschke treffen könnte, würde ich ihn fragen wie er die weitere Entwicklung klassischer Architektur beurteilt. Überall geht die Tendenz in der Stadtplanung hin zum neuen Trendbegriff "Verdichtung", gerade erst lese ich einen aktuellen Bericht über ein völlig zerstörtes und danach vergessenes Stadtquartier, dem Hospitalviertel in Stuttgart. Hierzu wurde ein studentischer Wettbewerb ausgelobt, dessen Ergebnis nur ein weiteres Desaster für dieses Quartier bedeutet. Architektur wie gehabt, nur noch dichter als bisher? Das kann es doch nicht sein, Verdichtung allein reicht nicht.Denselben Fehler sehe ich in Berlin heraufziehen. Alle Welt applaudiert Herrn Patzschkes Mut zu traditioneller Gestaltung zu,aber wo bleiben die, die sich an ihm und seinem Erfolg ein Beispiel nehmen? Wirklich, ich glaube, deutsche Architektur war nie so mittelmäßig, ideenlos und von mangelnder künstlerischer Fähigkeit gezeichnet wie die gegenwärtige. Wir brauchen mehr Patzschkes!
Antiquitus
Moderator

Beiträge: 943


 

Gesendet: 11:05 - 20.05.2003

wohl wahr.
v.a. aber brauchen wir patzschke+.
das soll heißen, die gebäude von patzschke sind gut, reichen in der qualität aber noch nicht an meisterleistungen früherer traditioneller architektur heran (historismus, etc.).
jemand müsste den stil patzschkes aufnehmen, weiterführen und verbessern.
gebäude wie das adlon sind für ihre zeit sehr gut, können aber erst der anfang sein.
Anonymous


 

Gesendet: 10:10 - 30.06.2003

Habt ihr schon mal die atmosphaere der strassenecke, erzeugt durch diesen lieblosen banalbau s.o., bewusst beachtet? mit so'was nimmt man sich doch die halbe freude am leben...

ich persoenlich wuerde das 'von natur aus' gar nicht erst ueber mich bringen, so eine 'verprimitivierung', oder eben auch deshalb niemals an diese sinnlos einfaeltigen argumentationen der modernisten glauben koennen.

mark!
Anonymous


 

Gesendet: 10:12 - 30.06.2003

es draengt sich halt die EINFACHE FRAGE auf:

Was soll der SCH...

M!
Ben
Goldenes Premium-Mitglied

Beiträge: 1337


 

Gesendet: 21:51 - 30.06.2003

Diese Atmosphäre lässt sich doch aber nicht allein auf dieses Haus zurückführen! Immerhin liegt eine Ecke weiter die Leipziger Str. mit der an sie grenzenden Fischerinsel. Da "traut" sich ja keiner weiter, als bis zu dieser Ecke.....
Dirk1975
Moderator

Beiträge: 435


 

Gesendet: 22:11 - 30.06.2003

Stimmt schon, soll auch mehr ein Beispiel sein daß man an solchen Parzellen den "Kampf" zwischen Traditionalisten und Modernisten erkennt. Genauso ist es bei den Patzscke-Neubauten am Hausvogteiplatz und an der Leipziger Straße. Sowohl Weinmiller als auch Grüntuch/Ernst konnten es wohl nicht verknusen daß man dort klassisch baut und mußten auftrumpfend ihre Kisten direkt danebenstellen. Kisten, die die Patzschke-Bauten am liebsten wegschieben wollen, durch deren elegante Erscheinung in Wahrheit aber selber ins Abseits geraten.
Ben
Goldenes Premium-Mitglied

Beiträge: 1337


 

Gesendet: 22:36 - 30.06.2003

Na, wie auch immer.....Das Ding sieht aber dennoch um einiges besser aus, als das, was an der Leipziger Str. entstehen soll...So'ne Glasfassade, mit solchen Lamellen davor(von wem auch immer die sein mögen) .
Stefan
Novize

Beiträge: 35


 

Gesendet: 14:38 - 04.09.2003

Zu den Patzschke-Brüdern ist vor geraumer Zeit mal ein Artikel im Spiegel erschienen, der den Irrsinn und die Halsstarrigkeit so mancher Zeitgenossen offenbart.
Der Artikel erschien im Spiegel 13/2001. Eine Woche später gab es Leserbriefe darauf, die hoffen lassen. Leider sind die bei mir irgendwie verloren gegangen 



Hier der Artikel:


Sehnsucht nach Säulen

Historistische Neubauten werden immer beliebter. Doch Fachleute spotten über die "röhrenden Hirsche" aus Stein, an der Uni kommt die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zu kurz. So entstehen allerorten verspielte, halbherzig traditionelle Hotels und Villen, die nur eines verbindet: Sie wenden sich ab von der Bauhaus-Kiste, und sie sind gut verkäuflich.


Ein Interview? Bloß nicht. „Am besten, so lautet der Rat am Telefon, „Sie beachten uns gar nicht.“ Warum? Sie seien beschimpft worden, jahrelang, ein bisschen habe sich das gebessert, das wolle er nicht gefährden, „bitte, verstehen Sie doch“.

Rüdiger Patzschke, der Mann am Telefon, hat nicht wirklich etwas zu verbergen. Er ist kein Sittenstrolch, kein Kapitalverbrecher, er ist Architekt. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Jürgen baut er liebliche Häuser, historistische Hotels auf der ganzen Welt mit Gesimsen und Erkern, Balustraden und Säulen. Das Grandhotel Adlon in Berlin ist ihr berühmtester Bau.
Ganz in der Nähe der Nobelabsteige im Bezirk Mitte entstanden in den vergangenen Jahren drei weitere Patzschke-Bauten.
Ihre Auftragslage ist prächtig, ihr Ruf bei den Fachleuten allerdings könnte schlechter nicht sein. Patzschkes seien von ihren Kollegen zu "Verrätern" gestempelt worden, stellt die "Berliner Morgenpost" fest, die "Berliner Zeitung" zitiert eine ganze Liste von Verbalinjurien: "Architektur der röhrenden Hirsche", "geschmacklos und primitiv", "subalterne und banale Kopien". Vor allem das Adlon können die Fachleute den Patzschkes nicht verzeihen. "Stimmungsarchitektur" ("Neue Zürcher Zeitung") lautet der Hauptvorwurf, und der geht darauf zurück, dass es an derselben Stelle schon einmal ein Grandhotel Adlon gegeben hat, einen wilhelminischen Prachtbau, zu DDR-Zeiten abgerissen, sein Standort, unmittelbar am Brandenburger Tor, lag im Sperrgebiet.
Als er nach der Wende wieder erstehen sollte, war für denkmalpflegerische Rekonstruktion weder Geld noch handwerkliches Vermögen vorhanden, einen modernen Bau lehnten die Investoren ab. Sie entschieden sich für einen Neubau im alten Stil, der mit dem Original-Adlon die Anmutung, sonst aber nicht viel zu tun hat. Er ist doppelt so lang wie das Vorbild, hat bei gleicher Höhe ein Geschoss mehr, somit in den einzelnen Stockwerken niedrigere Wände - und doch tut der 300-Millionen-Mark-Bau so, als sei er schon einmal da gewesen, als hätte es den Abriss, all die Schmerzen der Geschichte nicht gegeben. Für Architekturpuristen war dies der Sündenfall im Aufbau des so genannten Neuen Berlin. Knapp drei Jahre nach der Eröffnung des Hotels hat sich die Stimmung gewandelt. Kleinlaut müssen die Fachleute mal wieder registrieren, dass Kritik, und sei sie noch so dezidiert, nicht unbedingt etwas ausrichtet. Inzwischen gibt es bei Touristen und Berlinern eine große Gemeinde von Adlon-Fans, die sich von der Intellektuellen-Mäkelei nicht beirren lassen.
Trotz modernistischer Bemühungen in unmittelbarer Nachbarschaft des Hotels (nebenan steht ein Frank-Gehry-Bau mit sachlicher Fassade) "schwärmt der berühmte Berliner Taxifahrer, seit jeher als Sprachrohr von Volkes Stimme lizenziert, für die Marzipanschlossfassade des neohistoristischen Adlon", heißt es verzweifelt in der März-Ausgabe der "Deutschen Bauzeitung". Die Patzschke-Bauten sind nicht nur populär, sie sind auch wirtschaftlich erfolgreich. Die drei neueren Berlin-Mitte-Palais, die die Architekten entwarfen (das Dom- und das Charlottenpalais in der Charlottenstraße, das Kronenpalais in der Kronenstraße), waren, trotz saftiger Mieten, bereits vor ihrer Fertigstellung zu 90 Prozent ausgebucht. Keine Selbstverständlichkeit in dieser Lage.
In der Nähe des Kronenpalais etwa - einem Gebäude, das mit einer von Gesimsen und Pilastern durchwirkten Fassade, mit einem säulenumstandenen Innenhof und einem Kupferdach wie ein hundert Jahre alter Edelkasten wirkt - stehen passable moderne Neubauten. Und die sind so gut wie leer. Mit ihrem Erfolg bei Taxifahrern, Geschäftsleuten und solventen Mietern gelten Patzschkes inzwischen als Extremisten einer rückwärts gewandten Bewegung, von der auch die Protagonisten einer seriöseren, zeitgemäßeren Baukunst nicht verschont werden. Mit Blick auf die Hauptstadt juxt die "Frankfurter Allgemeine": "Auch das alte Wien war einmal neu, aber nie so alt wie das neue Berlin." Publizist Wolf Jobst Siedler fordert in der "Berliner Morgenpost": "Zurück zur bürgerlichen Stadt". Und der Journalist Rainer Haubrich entdeckt in seinem kürzlich erschienenen Buch "Unzeitgemäß" lauter "traditionelle Architektur in Berlin". Er unterfüttert diesen Eindruck mit Kolumnen in der "Welt", in denen er prognostiziert, Berlin stehe "nach der jüngsten Jahrhundertwende eine Phase des Klassizismus bevor, wie sie die Stadt seit langem nicht mehr gekannt hat". Auch wenn diese These angesichts der Hightech-Seligkeit des Potsdamer Platzes und der geplanten Hochhaustürme für den Alexanderplatz etwas gewagt ist - völlig daneben liegt Haubrich nicht. Die Geschichte kehrt sichtlich zurück, überall in Berlin. Die
Chancen, dass das Stadtschloss doch noch rekonstruiert wird, stehen so gut wie nie zuvor. Erstaunlich hieran: Rechte wie Linke, Bürgermeister Diepgen wie Kanzler Schröder, sind dafür. Auch das Kommandantenhaus Unter den Linden soll im Stil der Neo-Renaissance wieder erstehen. Und der Verein für die Rekonstruktion der Schinkelschen Bauakademie müht sich weiterhin tapfer und mit immer besseren Aussichten - eine Ecke davon wird zur Zeit, als Schinkel-Mahnmal, am originalen Standort hochgemauert. Nach einigen Jahren Pause ist wieder Hans Stimmann Senatsbaudirektor, ein Mann, der gern von dem "historischen Stadtgrundriss" Berlins spricht, den es wieder herzustellen gelte.
Der Architekt Hans Kollhoff, Liebling der Berliner Baubestimmer, hat vis-à-vis vom Adlon ein Büro- und Wohnhaus hingestellt, das zwar nicht traditionell genannt werden kann, das allerdings ganz von Ferne und sehr abstrahiert einem klassizistischen Ideal entsprungen zu sein scheint. Außen: Balustraden in Rhombenform. Innen: Treppenhäuser mit marmornen Handläufen und Terrazzoböden. Hier wagt einer den verstohlenen Blick zurück, zitiert zaghaft Geschichte, ganz ohne postmoderne Ironie.
Dennoch: Die Freunde der vorsichtigen Rekonstruktion, die Befürworter der alten Berliner Umrisse und Maße, die Star-Architekten, die verhalten und schwer intellektuell historische Anklänge wagen, sie alle wollen ganz sicher eines nicht: dass ein Zusammenhang zwischen ihren Ansichten und dem schamlosen Wirken der Patzschkes hergestellt wird.
"Architektonisch auch nur die kleinste Parallele zu uns aufzuzeigen, so sehr kränken darf man niemanden", sagt Rüdiger Patzschke freundlich-ironisch beim Interview, zu dem er unter eher kokettem Protestgeheul dann doch bereit war.
Er sitzt neben seinem Bruder im Chefbüro, in der Beletage ihrer hundertjährigen Grunewalder Villa, erzählt - durchaus in bester Laune -, wie schwer sie es hätten, auch nur einen Wettbewerb in Berlin zu gewinnen. Wären da nicht die Investoren, die Patzschke wollten und nur Patzschke und ihnen Direktauftrag an Direktauftrag gäben - es wäre alles ganz furchtbar.
Dabei, so pflichtet Bruder Jürgen mit treuem Blick bei, möchten sie doch nur "Städte" bauen, "die den Menschen gefallen und nicht den Modernisten"- als seien Modernisten keine Menschen.
Andauernd fallen sich die 61-Jährigen gegenseitig ins Wort, scheinen sich das aber nicht übel zu nehmen - in den entscheidenden Punkten sind sie ohnehin einer Meinung. Ihr ganzes Berufsleben haben sie gemeinsam in einem Büro gesessen und von dort aus ihren "einsamen Kampf gegen die architektonische Kälte in den Städten" ausgefochten.
"Wenn man einen Zwilling hat", formuliert Rüdiger Patzschke seine Liebeserklärung an den Bruder, "hat man seinen Psychiater immer bei sich." Der eine unterstütze den anderen, nur so hätten sie die Häme der vergangenen Jahre verkraftet. Natürlich, auch sie nähmen hier zu Lande Anzeichen einer Rückbesinnung wahr - doch im Ausland, da seien die Kollegen schon viel weiter.
In der Tat: In England führt Prince Charles bereits seit zehn Jahren gemeinsam mit dem luxemburgischen Architekten Léon Krier einen klassizistischen Kreuzzug. Seine Hoheit, angewidert von modernen "Furunkeln", ließ im Südwesten Englands auf seinem eigenen Grund und Boden die Stadt Poundbury gründen, in der, wenn sie fertig ist, zehntausend Bürger leben sollen.
Untertanen können dort ein Stück Land kaufen und von einem Architekten ihrer Wahl ein Haus bauen lassen. Bedingung: Es soll aussehen wie aus alter Zeit.
Natürlich ist der Prinz bei der Planung dieses Projekts verspottet worden. Dennoch: Seitdem die ersten Häuser stehen, gibt es auch anerkennende Worte - und Nachahmer. Bei Portsmouth soll jetzt eine fünfmal größere Stadt als Poundbury nach denselben Vorgaben entstehen.
Im Wolkenkratzerland USA gibt es eine echte Gründungswelle traditionell gebauter Städte. Ein paar von ihnen hat wieder Léon Krier miterfunden: das Millionärsstädtchen Seaside etwa und auch Windsor, beide in Florida. Familien mit normalem Einkommen sollen demnächst ebenfalls hinter Säulen und Erkern wohnen dürfen, 50 traditionelle Kleinstädte sind geplant.
Architekturtheoretiker formulieren gegen diesen amerikanischen Traum ähnliche Vorbehalte wie einst gegen das Adlon: Hier werde Geschichte "fiktionalisiert und simuliert", so sagt etwa der Architektursoziologe Werner Sewing von der Technischen Universität Berlin.
Befördert werde die Nostalgiewelle von einem neuen Typus Kulturkonsument, dem "Omnivore" (Allesfresser), der verstärkt in der amerikanischen Mittelschicht anzutreffen sei. Für den sei "Kultur nicht mehr Distinktionsgewinn, sondern kumulativer Konsum". Sprich: Der Globalisierungsritter hört genauso gern Elvis wie Mahler, Country wie Mozart, hat aber keinerlei Bedürfnis, sich über Ursprung und Sinn des jeweiligen Musikgenres den Kopf zu zerbrechen. Er pickt sich das Gefällige aus, nach dem Motto: Gut ist, was der Seele wohl tut.
Nostalgiebedürfnis hier, kulturkritische Bedenken dort, die Fronten sind verhärtet - besonders in Deutschland.
Spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg sind hier zu Lande Architektur und Moral unverbrüchlich miteinander verbunden. Die Nazis mochten ihre Gebäude traditionell-monumental, Hitler und seine Helfer jagten die Väter der Moderne außer Landes. Nach dem Krieg dann galt der Rückgriff auf die Formensprache des Bauhauses im Westen wie im Osten als Ausweg aus Schuld und Verstrickung.
Auch wenn seit langem ein Konsens darüber zu herrschen scheint, dass die modernistische Massenarchitektur der sechziger und siebziger Jahre die Leute schreckt, wagen Baumeister höchstens einen ironischen oder extrem abstrahierten Umgang mit traditionellen Formen. Denn den Ruf, einer "faschistoiden Architektur" (ein Schlagwort im jüngsten Berliner Architekturstreit) zu frönen, den will sich keiner anhängen lassen.
Hans Kollhoff unterstellt seinen Kollegen eine regelrechte "Angst davor, kein moderner Architekt zu sein". Die Berliner Baumeisterin Petra Kahlfeldt, die gemeinsam mit ihrem Mann eine gelungene klassizistische Villa in Berlin-Dahlem gebaut hat, kann das bestätigen: Sie erinnert sich an eine Podiumsdiskussion, bei der es zwischen Anhängern traditioneller Architektur und deren Gegnern zum Eklat kam.
Es war anlässlich einer Ausstellung im Berliner Stadthaus, bei der die von Prince Charles ins Leben gerufene Gruppe "A Vision of Europe" ihre neueren Modelle zeigte. "Zum Schluss haben sich alle nur noch angeschrien, eine Diskussion war gar nicht möglich", so Kahlfeldt. "Am eindrücklichsten waren für mich Leute aus dem Publikum, die verzweifelt sagten, sie fühlten sich einfach nicht wohl in den neuen Teilen der Städte, sie wünschten sie sich heimeliger - egal, wie."
Keine Lösung in Sicht?
"Doch", sagt Petra Kahlfeldt, "aber ohne eine intellektuelle und vor allem handwerkliche Anstrengung geht es nicht."
Als sie die Dahlemer Villa für einen Kunstsammler plante, vertiefte sie sich monatelang in alte Bücher, studierte Proportionen, Nutzen und Sinn von Dekors, um zu lernen, wie man zu Zeiten des preußischen Klassizismus dachte und baute.
"Jedes Detail von der Leiste bis zum Fenstergriff haben wir den Handwerkern vorgezeichnet" - in Zeiten industrieller Fertigung fehlt oftmals das Wissen, wie mit individuellen Formen umzugehen ist, nicht nur bei Handwerkern, sondern vor allem bei Auftraggebern.
Bei der Dahlemer Villa hatte Kahlfeldt Glück mit einem kunstsinnigen Bauherren. Der wollte ein Walmdach, ganz schlicht. Viele andere private Bauherren, die sich ein klassizistisches Heim wünschen, möchten auch ein solches Dach, aber aufwendiger, am liebsten aufgeschnitten für eine Terrasse. "Sie haben kein Gefühl dafür, dass sie damit die Proportionen stören."
Die Banalisierung der Vorbilder, das ist nicht nur ein Problem der traditionellen Architektur, es war auch das große Verhängnis der Nachkriegsmoderne. Eine Betonkiste macht noch lange keinen Mies van der Rohe, ebenso wie ein paar Säulen keinen Schinkel machen.
Doch die Anhänger der Bauhaus-Moderne haben einen Vorteil. Die Beschäftigung mit ihrer Stilrichtung ist immer noch beherrschendes Thema an den Hochschulen, traditionelle Architektur hingegen wird an den Unis allenfalls im bauhistorischen Seminar gestreift.
Doch Totschweigen hilft nichts, es macht alles nur schlimmer. Der Immobilienteil der "Welt" pries vor wenigen Tagen eine Villenanlage in Berlin-Grunewald an, "für gehobene Ansprüche", mit "klassischer Architektur". Erker, Bänder, angeschrägtes Dach, alles da. Kosten für die 140 bis 200 Quadratmeter großen Wohnungen: 1,7 bis 2,4 Millionen Mark.
Mit echten Altbauten hat diese Luxus-Anlage so viel zu tun wie Disneys Märchenschloss mit einer mittelalterlichen Burg. Das Dach ist oben abgeflacht, um darauf einen Glaswürfel zu platzieren, eine Fassade wird durch den Eingang einer Tiefgarage angeschnitten.
Wie die Zeichen stehen, werden in Berlin in Zukunft etliche solcher planlos verhübschten Häuser entstehen, denn sie sind begehrt. Höchste Zeit, dass auch die avancierten Architekten sich ernsthaft, nicht bloß abwehrend-polemisch, der Geschichte stellen.
SUSANNE BEYER

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