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Autor Mitteilung
patriot3
Stammgast

Beiträge: 51


Gesendet: 18:28 - 15.03.2004

Für den Bau der Europa-Passage werden in Hamburg einige denkmalgeschützte Gebäude abgerissen.

Wieso sind die dann überhaupt denkmalgeschützt wenn man sie einfach so abreissen kann ?
Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 22:22 - 15.03.2004

Das mit dem Denkmalschutz ist so eine Sache...
Ich kenne zwar nicht die Hamburger Denkmalschutzgesetzgebung, aber in Baden-Württemberg heißt es zu den Kulturdenkmälern:

Kulturdenkmale im Sinne von §2 des baden-württembergischen Denkmalschutzgesetzes sind: »... Sachen, Sachgesamtbeiten und Teile von Sachen, an deren Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen und heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht.«

Sicher wären auch die von dir genannten Gebäuden aus diesem Grund zu erhalten.
Aber leider wird der Denkmalschutz oft zur Makulatur, wenn wirtschaftliche Interesse zum tragen kommen.
( Die Baden-Württembergische Denkmalschutzbehörde ist nicht ohne Grund dem Wirtschaftsministerium untergeordnet!!!)
Oft treten Investoren mit fragwürdigen Gutachten auf, die den Denkmalschutz aushöhlen und zur Farce machen.
Mit zwei oft verwendeten Totschlagargumenten tritt Denkmalschutz außer Kraft:

„Höherwertige Interessen“

&

„Erhaltung ist unzumutbar für den Investor“


Solche oder ähnliche Scheinargumente kommen immer dann zum Tragen, wenn Investoren kein Interessen an der Erhaltung von Gebäuden haben und die Verwaltungen samt Stadt- und Gemeinderäten finanzkräftige Investoren auf keinen Fall abschrecken wollen. Lieber nimmt man dafür eine weitere Bausünde in Kauf oder gibt Stadtgeschichte preis. Oder man erkennt bei diesen Stellen schlichtweg keine Notwendigkeit zur Erhaltung
Und ganz bedenklich wird es, wenn Investoren im Vorfeld einer Abrißgenehmigung bereits Zugeständnisse von Gemeindeseite erhalten haben, auf die sie sich bei Verweigerung der Genehmigung mit Schadenersatzansprüchen berufen können.

Der Denkmalschutz und das öffentliche Interesse wird leider oft mit zweierlei Maß gemessen!

Dennoch, auch wenn ich die Handhabung im Denkmalschutz äußert kritisch sehe, stelle ich ihn generell nicht in Frage.
Antiquitus
Moderator

Beiträge: 943


 

Gesendet: 22:17 - 17.03.2004

ich sehe das auch so.
denkmalschutz ist grundsätzlich notwendig und in vielen fällen auch richtig.
dem ungeachtet ist es freilich so, dass denkmalschutz nichst einklagbares ist, sondern faktisch von der jeweiligen behörde nach bedarf zu- oder abgesprochen werden kann.
außerdem stehen viele objekte unter denkmalschutz, wo man disen umstand nur aus einer persönlichen vorliebe des zuständigen beamten ableiten kann.
Ben
Goldenes Premium-Mitglied

Beiträge: 1337


 

Gesendet: 22:44 - 17.03.2004

Irgendwie sehe ich nur begrenzt Sinn darin.
Denkamlschutz kann doch jederzeit wieder aufgehoben werden, sodass ein 400 Jahre altes Haus, das schon seit 70 Jahren unter Denkmalschutz steht doch jederzeit abgerissen werden kann, wie eben die Europapassagen oder das eine Haus in Düsseldorf (die Zahlen stimmen damit natürlich nicht überein), damit der Nachfolgebau in 30 Jahren wieder unter Denkmalschutz steht, wie div. Platten...Oder irre ich mich...?
Ernst
Mitglied

Beiträge: 134


 

Gesendet: 10:03 - 19.03.2004

Ich finde es richtig, daß Denkmalschutz nicht unwiderruflich ist. Es kann immer eine Situation geben, in der ein übergeordnetes Interesse besteht, hinter dem der Denkmalschutz zurückstehen muß. Das auffälligste Beispiel ist der Hamburger Flughafen. Das alte Terminal 2 war ein absolut erhaltenswertes Baudenkmal. Aber ich finde es dennoch richtig, daß es derzeit abgebrochen wird. Es kann nicht sein, daß der Denkmalschutz verhindert, daß die Stadt endlich einen anständigen Flughafen bekommt, der für ihre weitere Entwicklung lebenswichtig ist.

So gut, richtig und notwendig Denkmalschutz auch ist - nicht selten ärgere ich mich auch über übertriebenen Denkmalschutz, der den Hausbesitzern vorzuschreiben versucht, daß sie an ihren Gebäuden auf keinen Fall etwas verändern und modernisieren dürfen. Da reichen dann die Vorschriften bis hin zum Putzmaterial. Solche übertriebenen Vorschriften treiben die Renovierungskosten in bizarre Höhen und führen letztlich dazu, daß das Baudenkmal verfällt. So erreicht dann der Puirismus das Gegenteil dessen, was er beabsichtigt. Leider kenne ich vor allem in Baden-Württemberg solche Fälle.

Besonders ärgerlich wird es, wenn die Intoleranz in unwichtigen Details sich mit Inkompetenz paart. Ein mir bekannter Hausbesitzer wurde von den Denkmalschutzbehörden in Baden-Württemberg genötigt, sein Haus über und über mit einer scheußlichen Farbe anzustreichen, weil das angeblich dem Originalfarbton entsprach. Und an der Mauerstelle, an der der Denkmalschutz-Bürokrat das zu demonstrieren bemüht war, war deutlich erkennbar, daß es sich dabei tatsächlich nicht um die unterste sondern bereits die zweite Farbschicht handelte - was ohnehin auch für Halbblinde hätte klar sein müssen, denn jetzt sind auf Betreiben des Denkmalschutzes auch die Sandsteingesimse um die Fenster, bei den ich jede Wette eingehe, daß sie ursprünglich unbemalt waren, dick mit derselben scheußlichen Farbe eingekleistert wie die gesamte Fassade.
Pilaster
Stammgast

Beiträge: 97


 

Gesendet: 13:51 - 19.03.2004

Ich kenne mich mit dem Denkmalsschutz in Deutschland wenig aus.

Der scheinbare Primaerzweck des hiesigen (Berkeley, CA) Denkmalsschutzes ist offenbar weniger die Aufgabe, wahre denkmalswuerdige Bauten zu beschuetzen als vielmehr der Drang, jedes Gebaeude, und sei es noch so unwuerdig aber welches einem Projekt im Wege steht, dem Denkmalsschutz zu weihen. Dies passiert nicht nur fuer Glas & Stahl Nachfolgeprojekte sondern auch fuer aus unserer Perspektive hoechst angenehme Bauten.

Da unsere Planungsabteilung in erster Linie den Wohnungsbau foerdert ("we need housing" wie eine der langjaehrigen Stadtraetinnen seit Jahren lamentiert) geht meistens nahezu alles. Ich habe ja auch gar nichts gegen Wohnungsbau!

Aus Furcht vor Neubauten im Laufe der Zeit erklaerte die Denkmalskommission die albernsten Huetten zu Denkmaelern. Dabei lassen sie nach wie vor wesentlich geeignetere Gebaeude aus weil diese ja nicht "bedroht" sind. Auch kann der Status jederzeit vom Stadtrat widerrufen werden, wenn gewisse Umstaende es rechtfertigen.

Was fuer ein Mumpitz!

mathias
Senior-Mitglied

Beiträge: 315


 

Gesendet: 16:34 - 19.03.2004

Der Staat und damit auch der Denkmalschutz sollte Dienstleister gegenüber den Bürgern sein, nicht von oben herab über die Köpfe der Leute hinweg entscheiden. Denkmalschutz hat schon viele schöne und erhaltenwerten Altbauten vor der Abrissbirne gerettet. Heute droht jedoch der Kontakt mit der Bevölkerung verloren zu gehen. Auflagen und Unterschutzstellungen stoßen zunehmend auf Kopfschütteln. Der Tag des offenen Denkmals im Septemeber zeigt, wie groß nach wie vor das Interesse an Denkmalschutzaufgaben ist. Wir brauchen mehr Bürgerbeteiligung beim Deknmalschutz.

Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 19:15 - 19.03.2004

@mathias

Interessant - kannst du deine Vorstellungen bezüglich Dienstleistung und Bürgerbeteiligung näher erläutern?
mathias
Senior-Mitglied

Beiträge: 315


 

Gesendet: 23:17 - 19.03.2004

@Rösch

Gern! Denkmalschutz kann nur dann wirksam durchgesetzt werden, wenn er bei den Betroffenen, zumindest aber bei den Bürgern akzeptiert wird. Heute treffen Behörden ihre Entscheidungen oft in irgendwelchen Hinterzimmern, ohne zu wissen, was die Bewohner und andere Leute "vor Ort" davon halten. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

Mehr Bürgerbeteiligung kann so aussehen: Denkmalschutzbehörden informieren künftig regelmäßig und bürgernah über ihre Ziele und aktuelle Unterschutzstellungen (z. B. durch Informationsveranstaltungen in Rathäusern). Denkmalschützer stellen sich dabei dem Gespräch mit der Bevölkerung und geben Gelegenheit für Anregungen und Kritik.

Bei in der Öffentlichkeit sehr umstrittenen Maßnahmen sollte die Möglichkeit bestehen, eine öffentliche Anhörung zu beantragen, bei der Denkmalschützer, Baubehörde, Bürger, Denkmalseigentümer sowie Bewohner zusammenkommen und Argumente austauschen.

Gerade in Zeiten, in denen der Staat mehr und mehr an seine finanziellen Grenzen stößt und auch im Denkmalschutz überall gespart wird, ist der Staat immer stärker auf die Mitarbeit und das Engagement der Bürger angewiesen. Mehr Kooperation mit den Bürgern bietet daher auch Einsparpotential für die öffentliche Hand!

Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 16:02 - 20.03.2004

Gute Ansätze - wichtig ist aber, und das dürften deine Punkten beinhalten oder voraussetzen, das Denkmalsschutz nicht zum Spielball des individuellen Geschmacks einer Öffentlichkeit wird, die (noch) mehrheitlich an der Erhaltung des kulturellen Erbes - unabhängig von Denkmalschutzbehörden - wenig Interesse zeigt.

Andererseits besteht auch auf Seiten der Behörden ein erhöhter Informationsbedarf gegenüber der Bevölkerung mit dem Ziel der Begeisterung für Denkmalschutz und Erhaltung von Kulturdenkmalen (auch oder gerade in wirtschaftlich schwächeren Zeiten!)

und historischer Bausubstanz generell. Desweiteren besteht auf beiden Seiten mehr Weitsicht gegenüber dem baulichen Gesamtbild einer Stadt oder einer Gemeinde.
Individuelle Geschmäcker und isoliertes Denken müssen dabei zurückgestellt werden zugunsten des Ensembles. Das ist der wichtigste Schrittdabei.
Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 20:01 - 23.03.2004

Unabhängig von Denkmalschutzgesetzen, zeigt auch das Vorgehen auf politischer Ebene immer wieder, wie sehr an den Vorstellungen und Wünschen der Bevölkerung vorbeiregiert wird. Und dabei ist keine Partei auszunehmen!
Was viele Menschen in der großen Politik längst mit Ohnmacht zur Kenntnis nehmen müssen, geschieht aber auch auf kommunaler Ebene. Hier werden Entscheidungen getroffen - im Sinne des Gemeinwohls - die an den Vorstellungen der Bevölkerung vorbeigehen. Zahlreiche Kommunalpolitiker entscheiden leider immer mehr im eigenen Interesse, statt ihren poltischen Auftrag gegenüber dem Gemeinwohl wahr zu nehmen. Das ist natürlich nichts Neues, zeigt aber im Zusammenhang des folgende Artikel, wie problematisch offensichtlich unsere Gesetzgebung ist. Der Bevölkerung wird per Bürgerentscheide scheinbar Mitwirkungsrechte eingeräumt, die aber in den meisten Fällen an gezielten Hürden scheitern.
Die Machtpolitik der Parteien hat unser Regierungssystem gefördert. Sie steht im Vordergrund, nicht mehr die Bedürfnisse der Bevölkerung. :angry:

Südkurier 23.03.2004
Schulhaus: Petition ohne Erfolg

Ausschuss sieht keine Fehler - Planungshoheit und kommunale Selbstverwaltung gestärkt


Der Petitionsausschuss des baden-württembergischen Landtages hat in der Frage Abriss oder Erhalt des alten Schulhauses in Heiligenberg entschieden. Die Petition zum Erhalt des aus dem Jahre 1738 stammenden Gebäudes wurde abgelehnt. Das Schulhaus kann nach dieser Entscheidung entsprechend den Mehrheitsbeschlüssen des Gemeinderates abgerissen werden.
Heiligenberg
VON WILHELM LEBERER





Der Petititonsausschuss hat sein Urteil über das alte Schulhaus in Heiligenberg gesprochen: Die Petition wurde abgelehnt und der Mehrheit des Gemeinderates recht gegeben. Damit kann das Gebäude abgerissen werden.
Heiligenberg - Die Petition war nach der Ablehnung eines Bürgerantrages und eines Bürgerentscheides durch den Gemeinderat von Wolfgang Bohle, Notker Gloker und Rotraut Meinhold mit dem Ziel eingereicht worden, das alte Schulhaus vor einem Abriss zu bewahren. Bereits eine Bürgerinitiative hatte ebenfalls nicht erreicht, was jetzt auch die Petenten nicht schafften: Den Erhalt des Gebäudes.

In seiner "rechtlichen Beurteilung" bestätigt der Petitionsausschuss die Gemeinderatsbeschlüsse und damit auch das Verhalten von Bürgermeister Frank Amann sowie die kommunale Planungshoheit der Gemeinde. Der Petitionsausschuss sieht deshalb keine Gründe, "nach denen das Zustandekommen der Gemeinderatsbeschlüsse als rechtlich fehlerhaft einzuschätzen wäre". Die gemeindepolitische Frage Abriss oder Sanierung des Gebäudes scheint für den Petitionsausschuss sorgfältig abgewogen. "Der Gemeinderat als demokratisch legitimiertes Entscheidungsorgan der Gemeinde hatte ausreichend Gelegenheit, sich mit dieser Frage zu befassen und hat dann im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung eine Mehrheitsentscheidung getroffen," heißt es in der Begründung weiter. Dabei bezieht sich der Petitionsausschuss auf eine Darstellung von Bürgermeister Frank Amann, wonach "die Entscheidungen vom 22. Juli 2003 und 16. September 2003 in Kenntnis aller und ich betone aller Fakten, schriftlichen Äußerungen und Gutachten sowie Vorlagen getroffen wurden. Es wurde nichts verheimlicht oder falsch wiedergegeben, dieses Gremium hatte alle Informationen, das es für eine Entscheidung benötigte." Der Petitionsausschuss bestätigt der Gemeindeverwaltung, der Gemeinderat nehme mit der Entscheidung über den Erhalt oder den Abriss "eine klassische kommunale Selbstverwaltungsaufgabe wahr". Im Rahmen der kommunalen Planungshoheit handele die Kommune selbstständig und eigenverantwortlich. Das Land, auch das zuständige Regierungspräsidium habe diese Entscheidung des zuständigen Organs, also der Gemeinde, anzuerkennen. "Für eine anders lautende Weisung liegen keine rechtlichen Grundlagen vor und eine solche würde den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung verletzen", stellt der Petitionsausschuss ausdrücklich fest. Sanierungsmittel des Landes würden für den Abriss des Gebäudes nicht eingesetzt.

Nach dieser Entscheidung des Petitionsausschusses kann das alte Schulhaus also abgerissen werden. Die Abbruchgenehmigung durch das Landratsamt liegt bereits vor, ebenso sind die Arbeiten durch den Gemeinderat bereits vergeben worden. Wann die Beschlüsse vollzogen werden, ist allerdings noch offen. Bürgermeister Frank Amann befindet sich in dieser Woche im Urlaub. Sein Stellvertreter, Alfred Rock, erklärte gestern gegenüber dem SÜDKURIER, Amann werde zu der Entscheidung des Petitionsausschusses und zum weiteren Vorgehen eine Erklärung in der nächsten Woche abgeben. Dabei soll auch eine weitere mögliche Entscheidung des Denkmalamtes miteinfließen, nachdem der Heimatverein sich in der Frage altes Schulhauses erneut an das Denkmalamt gewandt hätte.

Die unterlegenen Petenten, Mitglieder des Gemeinderates, Vertreter der früheren Bürgerinitiative und des Heimatvereins bedauerten die Entscheidung. Vor allem auch deshalb, weil, wie es von dieser Seite heißt, "bedauerlicherweise der Petitionsausschuss nur die rechtliche Vorgehensweise der Gemeinde, nicht aber die Argumente der Abrissgegner in dieser Frage geprüft hat."



[Link zum eingefügten Bild]
Der Petititonsausschuss hat sein Urteil über das alte Schulhaus in Heiligenberg gesprochen: Die Petition wurde abgelehnt und der Mehrheit des Gemeinderates recht gegeben. Damit kann das Gebäude abgerissen werden.

Quelle:http://www.suedkurier.de/lokales/regionalnachrichten/bodensee/ueberlingen/region/2943,917362.html

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