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Autor Mitteilung
Kai
registriert

Beiträge:


 

Gesendet: 20:51 - 29.07.2003

ich glaube, dass das gewölbe unter dem rathaus (welches den platz mit der einkaufstraße verbindet) noch restauriert werden soll.
schön, dass euch die bilder gefallen!
und ernst du hast recht: lübeck hat es geschafft eine alte stadt mit tradition zusein ohne ein museum zuwerden!
Kai
Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 22:18 - 29.07.2003

@Ernst
@Kai

Welche Städte sind wegen ihrer Tradition Museen?
Und was ist schlecht an einem Museeum - oftmals der einzige Ort, der noch von einer
vergangenen Kultur zeugt?
Ernst
Mitglied

Beiträge: 134


 

Gesendet: 10:54 - 30.07.2003

Rösch,

zunächst: Ich liebe Museen.

Und: keine Stadt wird wegen ihrer Tradtion zum Museum, wohl aber wegen falsch verstandener Tradition.

Was meine ich damit?

Ich meine folgendes: Eine Stadt, die ich als sehens- und erlebenswert empfinde sollte mehr als ein Museum sein. Dort leben und arbeiten Menschen und gehen ihren Alltagsgeschäften nach, und zwar in Handel, Dienstleistungen aller Art und Industrie, nicht allein im Tourismus. Erst wenn alle diese Komponenten vorhanden sind, stellt sich die Vielgestaltigkeit des öffentlichen Lebens ein, die für mich eine attraktive Stadt ausmacht, wobei dies idealerweise durchmischt stattfindet: Die Menschen leben und arbeiten nicht nur in unansehnlichen Randbezirken, sondern auch im historischen Stadtzentrum.

Ein Museum ist dagegen "nur" dazu da, daß man etwas anschauen kann. Dinge, die im Museum stehen, erfüllen in aller Regel nicht mehr ihre ursprüngliche Funktion.

In diesem Sinne gibt es durchaus Städte, die Museen sind. Ein abschreckendes beispiel ist für mich die Altstadt von Warschau: Dort leben kaum Menschen und es arbeitet dort niemand - außer in Andenkenläden. Dementsprechend sieht man dort auch nahezu ausschließlich Touristen auf der Straße. Der Straßenverkehr beschränkt sich auf einige Droschken. Für Polen gibt es keinen Grund, dorthin zu gehen. Wenn man es einmal gesehen hat, reicht das. Es gibt dort keinen Ort, den man aus beruflichen Gründen aufsuchen müßte, und es gibt dort auch nichts zu kaufen, sieht man einmal von Postkarten ab.

Weitere Beispiele? Meersburg am Bodensee und - mit Einschränkung - Venedig.

Wegen dieser abschreckenden Beispiele sehe ich es immer mit Sorge, wenn Leute beim Denkmalschutz dazu neigen, das Kind mit dem Bad auszuschütten, etwa bei der Diskussion um den Neumarkt in Dresden. Bei aller Liebe zur Rekonstruktion und zum historischen Städtebau darf man nicht vergessen, daß eine Stadt auch heutigen Ansprüchen an die Logistik genügen muß. Sie muß auch als Stadt funktionieren können. Die Geschäfte und Unternehmen müssen beliefert werden können, und wer möchte, daß jemand in den Geschäften einkauft, muß auch dafür sorgen, daß die Kunden irgendwo ihre Autos abstellen können. Deswegen finde ich es unverantwortlich, wenn gefordert wird, es dürften am Dresdner Neumarkt keine Tiefgaragen gebaut werden, weil das unhistorisch sei.

Lübeck ist dagegen das erfreuliche Beispiel einer Stadt, die ihre historische Tradition und Bausubstanz sehr liebevoll pflegt und dennoch als Stadt voll funktionsfähig ist, selbst im historischen Zentrum.
Claus
Mitglied

Beiträge: 164


 

Gesendet: 11:05 - 30.07.2003

@Ernst

Wie kommt es,dass es in der Altstadt von Warschau nur Souvenirläden gibt? Wieso siedeln sich dort keine anderen Geschäfte aus dem Einzelhandel an? Was spricht gegen Modegeschäfte,Tabakläden oder Reisebüros?? Fehlt es an der Verkehrsanbindung wie z.B. U-Bahn??
Altstädte gibt es überall in Europa,das ist noch kein Grund für museale Zustände,da muss es an der Verkehrsanbindung oder mangelnder Vermarktung des Areals liegen.
Ernst
Mitglied

Beiträge: 134


 

Gesendet: 11:24 - 30.07.2003

Das ist es ja, was ich meine: Man muß bereit sein in Kauf zu nehmen, daß dort jemand ein großes Kaufhaus baut und ein Parkhaus. Und die U-Bahn-Haltestelle muß natürlich Eingänge haben. Die sind dann naturgemäß unhistorisch. Man muß den Ladenbesitzern erlauben, auch eine größere Schaufensterfläche in Anspruch zu nehmen. Es müssen Häuser (natürlich nicht die wertvollsten) entkernt werden dürfen damit sie eine moderne Infrastruktur aufnehmen können. Und man braucht eine Straße, die breit genug ist, daß auf ihr die Lastwagen fahren können, die die Geschäfte beliefern. Wer eine funktionierende Altstadt haben will, darf sie eben nicht vollkommen unversehrt im Zustande des Jahres 1850 lassen, sondern muß Kompromisse machen.
Claus
Mitglied

Beiträge: 164


 

Gesendet: 11:43 - 30.07.2003

Da sind wir uns ja grösstenteils einig, es gibt aber durchaus Möglichkeiten, moderne Ansprüche dezent ins Stadtbild einzufügen.Man nehme nur mal die historisch anmutenden U-Bahn-Eingänge in Paris.
Ist Ihnen in der Innenstadt von Rom oder Prag jemals so ein Karstadt-Bunker aufgefallen wie in sämtlichen deutschen Städten?? Mir nicht, die Römer und Prager kaufen aber trotzdem ein.Sie brauchen dafür aber keinen 5-stöckigen Betonkubus mit Neon-Buchstaben auf vorgeklebter Rasterfassade.
Wir sind uns aber einig,die gewerbliche Mischung macht es aus, nur eben in einem attraktiven architektonischen Umfeld!!!
Ernst
Mitglied

Beiträge: 134


 

Gesendet: 12:20 - 30.07.2003

Ja natürlich. Kompromisse machen bedeutet jat nicht, daß man alle Häßlichkeiten akzeptieren muß. Der Karstadt ist wichtig. Aber man kann ihn ja auch so gestalten, daß er sich halbwegs harmonisch in die Stadt einfügt.

Und dafür ist Lübeck ein gutes Beispiel.
Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 21:28 - 30.07.2003

Ernst, ich gaube nicht so ganz an diese Theorien. Unzählige Kommunalpolitiker haben uns diese in den vergangenen Jahrzehnten versucht schmackhaft zu machen. Sie haben sich durchgesetzt mit allen Konsequenzen. Jeder mittleren oder grösseren Stadt wurden bisher sog. "Magneten" für die Innenstadt verordnet. Aus meiner Heimatstadt und zahlreichen anderen Städte kann ich bestätigen, dass dieses Vorgehen in seiner Einseitigkeit mehr zum Nachteil als zum Vorteil für die Städte ist, nicht ausschliesslich wegen der schlechten Neubauten, die durch solche grossen Kaufhäuser entstehen, die in ihrer Grössenordnung den Maßstab einer alten Stadt sprengen.

Habe deine Befürchtungen wohl recht verstanden: Museum, Käseglocke... das sind wirklich alte Zöpfe. Ich empfehle einen Blick in die Schriftenreihe "Die Alte Stadt", da werden die Szenarien widerlegt.
Frage: Wer hat die toten Städte produziert? Die Denkmalpflege? Anschauliches Beispiel für tote Innenstädte sind in erster Linie diejenigen, in denen der Kommerz an vorderster Stelle steht. Jede deutsche Großstadt singt ein trauriges Lied davon. Diese Städte sind nach Geschäftschluss tot. Hier wohnt keiner. Ich erinnere daran, weil du Warschau, Meersburg und Venedig überspitzt als Negativbeispiele aufführst!!! (Also, gerade in Meersburg kenne ich Leute, die in ihrem Museum leben und arbeiten, auch das schmucke Gengenbach ist ein Beispiel dafür, wie man in einem "musealen" Umfeld wunderbar leben und arbeiten kann!!!)

Sicher, eine Stadt für Touristen kann nicht das Ziel sein. Aber ich stelle hier einfach mal die Frage nach dem Zweck, der die Mittel heiligt. Wenn man die Städte durch Tourismus erhalten kann, ist mir das ehrlich gesagt lieber, als dass man sie für den schnellen Kommerz opfert, weil es "unsere" Zeit angeblich erfordert.
Hat man den schon mal drüber nachgedacht, dass unsere Städte jahrhundertelang "funktioniert" haben??? Und jetzt tun sie es plötzlich nicht mehr, weil wir ihnen Dinge zumuten, für die sie nicht gebaut wurden. Denke einfach nochmal darüber nach.

Zu Lübeck - vielen Dank für die Bilder. Ich war vor einigen Jahren auch dort. Die Bilder lassen mich an die gleichen Situationen erinnern, die ich gesehen habe. Es gibt in Lübeck einige schöne Stellen, aber als besonders positives Beispiel einer historischen Stadt mit urbanem Flair ist sie mir nicht gerade in Erinnerung geblieben. Die Wunden der Vergangenheit sind präsent. Glücklicherweise wird man noch durch ursprüngliche Strassenzüge entschädigt.
Ernst
Mitglied

Beiträge: 134


 

Gesendet: 12:48 - 31.07.2003

Mir geht es um eine Kombination aus Tourismus UND anderen städtischen Funktionen. Man muß sich an dem Beispiel nicht festbeißen, aber versuche einmal, Meersburg im November zu besuchen. In ganz Meersburg leben, wenn ich auf dem Laufenden bin, 6000 Menschen, die Mehrzahl außerhalb der historischen Altstadt. Man könnte die Altstadt außerhalb der Feriensaison umzäunen und abschließen. Das meine ich mit Museum. Anders als in den Innenstädten der Großstädte ist da weder nachts noch tagsüber ein Mensch auf der Straße und selbst die Häuser stehen weitgehend leer.

Das noch bessere Beispiel ist aber sicher die Altstadt von Warschau. Das mag ein alter Zopf sein aber deswegen wird es nicht falsch. Man muß diese entsetzliche Leere und Kulissenhaftigkeit der Szenerie einmal selbst gesehen haben. Diese Altstadt, so wunderschön restauriert sie auch ist, macht keinen Spaß, denn sie lebt nicht. Weder tagsüber noch sonstwann. Dagegen sind die Innenstädte deutscher Großstädte auch nachts geradezu quirlig.

Du sagst, wir muten den Städten Dinge zu, für die sie nicht gebaut wurden. Das stimmt. Aber ich glaube nicht, daß die Alternative zwischen Konservieren um den Preis, daß die Stadt leider nur noch durch Touristen belebt werden kann auf der einen Seite und totaler Zerstörung des gewachsenen Charakters auf der anderen Seite besteht (und ich glaube auch nicht, daß Du das meinst). Es gibt genügend Beispiele, die zeigen, daß man historische Städte in ihrem Charakter erhalten und gleichzeitig als funktionierende Städte nutzen kann. Dazu muß man Kompromisse im Detail machen, aber das ist meiner Ansicht nach die Sache wert. Denn nach wie vor meine ich, daß der Zweck von Städten in erster Linie darin besteht, daß in ihnen gewohnt, gelebt, gearbeitet wird.

Neben Lübeck kann man Regensburg und auch Konstanz als positive Beispiele anführen. Beide wurden im Krieg nicht zerstört und haben sehr viel erhaltene alte Bausubstanz. Und selbstverständlich haben sie moderne Zufahrten, ausreichend breite Straßen, Bürogebäude Kaufhäuser, Tiefgaragen usw, und zwar ohne daß der historisch gewachsene Charakter der Stadt nennenswert beeinträchtigt ist. Es geht beides. Man muß nur behutsam vorgehen.
Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 13:43 - 31.07.2003

Möchte mich am Beispiel Meersburg nicht festbeissen, aber du erwähnst es als Beispiel.
Das im historischen Kern der Stadt weniger Leute leben, ergibt sich natürlich auch durch das Wachstum der kleineren Städte an ihren Randbereichen und durch die Eingemeindungen. Flächen-und bevölkerungsmässig macht dieser dadurch natürlich den kleinsten Teil aus. Aber ich würde nicht so weit gehen und sagen, dass man die Stadt ausserhalb der Saison "abschliessen" kann. Alle kleineren Städte und Gemeinden am See leben vom Sommergeschäft. Im Vergleich dazu ist es im Winter natürlich wesentlich ruhiger, aber sie sind sicher nicht tot oder zum Museum erstarrt.Wie gesagt, dort leben und wohnen Menschen auch ausserhalb der Saison!!!

Vielleicht besteht auch nur eine unterschiedliche Sichtweise der Dinge.

Du schreibst:"Anders als in den Innenstädten der Großstädte ist da weder nachts noch tagsüber ein Mensch auf der Straße und selbst die Häuser stehen weitgehend leer....Weder tagsüber noch sonstwann. Dagegen sind die Innenstädte deutscher Großstädte auch nachts geradezu quirlig."

Wenn man "Leben" auf "Belebung auf Strassen und Geschäfte" reduziert, stimmt deine Einschätzung schon, nur hast auch du sicher mehr unter Leben in den Städten gemeint, wie du schreibst. Zum Leben gehören auch die Menschen, die dort wohnen sollen. Und gerade die findet man in den Innenstädte der Großstädte nicht mehr durch oben aufgeführte einseitige Belebungsversuche.

Das Beispiel Konstanz ist sicher ein gutes Beispiel. Diese Stadt macht aber in erster Linie positiv durch die Vielzahl seiner Fachgeschäfte und kleinerer Geschäfte auf sich aufmerksam, die die vorhandene Substanz aufnehmen. Negativ aber auch hier, dass man für grosse Kaufhäuser (Hertie) historische Bausubstanz zerstört hat, statt sie anders zu nutzen. das Zugpferd für die Innenstadt sind diese Kaufhäuser nämlich nicht geworden, wie man immer noch glaubt.






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