Architectura Pro Homine - Forum für Klassische und Traditionelle Baukunst - www.aph-forum.de.vu |
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Autor | Mitteilung |
Claus
Mitglied Beiträge: 164
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Gesendet: 11:38 - 05.07.2003 @Dirk Das klingt zwar logisch,war aber bisher nicht so.Hat der Römer in Frankfurt eine Reko-Welle nach sich gezogen? Der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche ist noch kein Persilschein für den Neeumarkt.Dort kämpft die GHND gegen riesige Widerstände.Aber sie hat immerhin zum ersten Mal so eine Forderung nach einem ganzen Quartier gestellt.Also bekommen sie dort immerhin 60-80 Leitbauten.Sie wollen aber mehr.Wer nur das Pellerhaus fordert,bekommt auch nur das oder auch gar nichts!!! |
Oliver
Senior-Mitglied Beiträge: 491
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Gesendet: 17:00 - 05.07.2003 Was heißt Rekonstruktion der Innenstädte? Komplette Rekonstruktion incl. Innen- einrichtungen oder "nur" der Fassaden ? So eine Stadt, wie sie Nürnberg einmal war, wirkt heute auf uns wie ein Märchen. Auf den schwarzweißen Bildern kommt aber nicht "das Elend" dieser Zeit vor. Sie ist praktisch ausgeschaltet in den vielen Bildern, weil die Innenräume und die Menschen, die dort leben nicht fotografiert wurden. In den alten Häusern würde man wahrscheinlich die bedrückende Enge sehen können. Tiefe Decken, kleine Räume usw. Da sollten wir uns genau überlegen, ob wir wirklich für eine Totalrekronstruktion sind oder aber für eine Fassadenrekonstruktion. Klar ist es reizvoll in einem echten "Knusperhäuschen" zu wohnen. Aber auf Dauer in dieser Enge ? |
Rösch
Senior-Mitglied Beiträge: 343
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Gesendet: 17:51 - 05.07.2003 @Oliver Würdest Du es vorziehen in einem der vielen Hochhaussiedliedungen zu leben, nur weil dort normierte Deckenhöhen vorhanden sind? Du sprichst da etwas Heikles an. Die Rekogegner sprechen immer wieder von der Gefahr, dass durch Reko-Neubauten auch alter Bestand gefährdet sei. Für mich kein argument, weil doch in grossem Mass durch modernistische Neubauten historische Substanz zerstört wird. Ich höre bei Dir etwas heraus und hoffe, dass ich dich da falsch verstanden habe. Zugunsten von Rekos dürfen alte Originalgebäude nicht platt gemacht werden, nur damit Stockwerkshöhen etc. dem neuesten Stand entsprechen!!! Das damalige Elend in den Städten, das Du ansprichst, ist kein Verbrechen der historischen Bauweise, oder sind die Menschen, die heute in einem historischen Gebäude leben verelendet??? Wenn man die Massstäbe natürlich an einer Glaskiste orientiert, wird man deren "Qualitäten" natürlich nicht erreichen...aber ein Vergleich erübrigt sich, denke ich ohnehin! |
Anonymous
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Gesendet: 18:11 - 05.07.2003 Lieber Oliver Ich glaube Du irrst Dich wenn Du Enge, Unbequemlichkeit und Lichtlosigkeit im Zusammenhang der traditionellen und historischen Gebäuden anführst...Das ist ein weitläufiges Vorurteil das allerdings nicht der bauhistorischen Realität entspricht! Es geht nicht nur um Fassaden aber um eine ganze typologisch architektonische und städtebauliche Kultur, wo Innenräume, Stadträume, Fassadenensembles und Innenhof- und Gartenbereiche, Stadtplätze, Strassenräume, Details und Ornamente, Denkmäler und Beschilderung, etc. nicht von Bequemlichkeit, sozialer und funktioneller Komplexität und Vermischung, kultureller Identität und Kontinuität, usw. getrennt werden kan,aber zusammenspielen und sich gegenseitig beeinflussen und bereichern sollte. Die meisten alten Häuser haben bewiesenerweise viel höheren Komfort und gediegene Wohnqualität als die meisten Neubauten, mit beispielsweise höheren Decken, grösseren Fenstern, bequemeren Treppenräumen, grösseren Küchen, Terrassen und Balkons, Erkern und Lauben,etc. Wenn im Mittelalter oder oft im 19. Jahrhundert und Anfang des 20. Jahrhunderts viele Städte dem zahlreichen Andrang neuer Einwohner quantitativ und qualitativ nicht folgen konnten und Häuser und Stadtviertel überbevölkert wurden, so hat das nichts direkt mit der Architektur und Typologie der Gebäude zu tun... Sieh dir mal die ungemein cleveren und schön-bequeme Bautypologien von Nürnberg an und ich verspreche Dir dass die meisten Vorkriegshäuser eine Bequemlichkeit und Wohnlichkeit haben, inklusiv Hygiene mit genügend Besonnung und Licht, und das die traurigen Mietswohnungen des Wiederaufbaus nicht nur demoralisierend sind sondern auch weitaus enger, unbequemer, ungesünder für Geist und Körper! Die Idee des "Existenzminimums" ist eine Erfindung der "modernen Bewegung" welche das Wohnhaus als eine "Machine à Habiter" bestimmte und die Stadt als eine statistisch-mechanistische Anordnung von abstrakten Zonen organisierte...Die Idee eines holostischen Komforts welcher sowohl Geist und Körper betraf, welcher der Beziehung zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft in einer subtilen Anordnung von erkennbaren, erlebbaren und erinnerungstragenden öffentlichen Räumen, Gebäuden und privaten, geschützten, häuslichen und bequemen Häusern, Höfen, Gärten, usw. szenografische, repräsentative, symbolische sowohl als intime und geborgene Lebensräume anbot, in überraschend reichen Variationen und in feinsten Vernetzungen... Du kannst diese Vollständigkeit und durchgehende zusammenhängende und sinnvolle Synthese von Schönheit, Bequemlichkeit und Leben in traditioneller Architektur und Städtebau finden, nicht ausnahmeweise aber als eine Grundbedingung, als eine kategorische Grundlage einer menschlischen Baukultur!! Es ist unumgänglich die Rekonstruktion in Gesamtszenarios zu sehen wo die einzelnen Gebäude ein Bestandteil einer umgreifenden städtischen oder landschaftlichen oder ländlichen Ordnung sind. Es auch so möglich wieder über die Architektur einzelner Gebäude einer gemeinschaftlicher Kultur der Stadt Vorrang zu geben und Strategien des Wiederaufbaus ganzer Stadtviertel zu fordern. Als wir in 1996 und in 1997 in Berlin mit dem Prince of Wales's Urban Design Task Force unsere Stadtschloss- Wiederaufbauprojekte ausarbeiteten, haben wir jedesmal betont dass wir die rekonstruktion der Stadtschlösser prioritär als eine städtebauliche Rekonstruktionsaufgabe ansahen, und wir haben in beiden Fällen den Wiederaufbau der umliegenden Stadtbereiche in unsere Vorschläge eingegliedert! Manchmal muss man aus taktischen Gründen wohl ein Solitärgebäude als Haupträger einer Wiederaufbaustrategie bestimmen; man sollte aber davon ausgehen dass das schönste historische Monument erst seine Wirkung entwickeln kann wenn ein ganzer städtbaulicher Kontext wieder hergestellt werden kann, ... Beste Grüsse Lucien |
luciensteil
Novize Beiträge: 38
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Gesendet: 18:25 - 05.07.2003 Hier ein paar Bildbeilagen zu meinem vorhergehenden Beitrag: [Link zum eingefügten Bild] Prince of Wales's Urban Design Task Berlin Projekt (1997) [Link zum eingefügten Bild] [Link zum eingefügten Bild] Prince of Wales's Urban Design Task Potsdam Projekt (1996) Beste Grüsse Lucien |
Oliver
Senior-Mitglied Beiträge: 491
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Gesendet: 18:26 - 05.07.2003 @Rösch Ich glaube, daß Du mich da falsch ver- standen hast. Ich meinte nur, daß, wenn man mit dem Gedanken spielt, ganze Innenstädte zu rekonstruieren, überlegt werden muss, was wir denn jetzt genau rekonstruiert haben möchten. Die Fassaden oder die kompletten Häuser. Zweites wird wahrscheinlich schon aus Gründen der Dokumentation nicht möglich sein. Aber wir sollten darüber reden. zitiere Rösch Zugunsten von Rekos dürfen alte Originalgebäude nicht platt gemacht werden, nur damit Stockwerkshöhen etc. dem neuesten Stand entsprechen!!! Verstehe ich nicht so ganz. Wieso sollten die alten Originalgebäude nochmal rekonstruiert werden. Sie sind doch schon da ? Du denkst da glaube ich viel zu kompliziert. Ich dachte an die 50er bzw. 60er/70er Jahre Bauten. Wie sollen die ersetzt werden ? Durch Komplett- REKO oder Fassaden-Reko. Mehr nicht. |
Oliver
Senior-Mitglied Beiträge: 491
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Gesendet: 19:07 - 05.07.2003 @LucienSteil Ich finde Deine Vorschläge für die Innenstädte von Berlin und Potsdam wirklich sehr gelungen. Man sollte aber bei dem alten Schloß in Berlin bleiben, auch wenn Dein Entwurf bestimmt sehr gut aussehen würde. So wie ich das sehe, sind in Deinem Berliner Entwurf die Hochhäuser am Alexanderplatz nicht drin. Wenn Du einen Entwurf für den "Alex" machen würdest, wäre der an dem alten Zustand von 1906 angelehnt ? [Link zum eingefügten Bild] |
luciensteil
Novize Beiträge: 38
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Gesendet: 20:07 - 05.07.2003 Lieber Oliver Die Hochäuser am Alexanderplatz sind meiner Meinung nach ein monumentaler Fehler und ich wünschte Hans Kollhoff könnte dieses Projekt mit seiner heutigen Einstellung und Empfindsamkeit korrigieren! Hochhäuser sind meiner Ansicht nach generell zu vermeiden, ausser wenn man in New York oder Hong-Kong in einer der Hochstadtviertel planen sollte! Das Hochhausensemble auf dem Alex ist sehr konzeptuell und einfaltslos, und leider verspricht es gebaut ein andere vermasselte Wiederaufbauchance zu werden...Ich würde auf jeden Fall immer, kategorisch und methodisch bei Wiederaufbau und Neubauprojekten 1)die Projektierung entwickeln aus einem gut dokumentierten Verständnis der Plangeschichte des Ortes und historischen Unterlagen 2) jedes neues Projekt messen und vergleichen mit der Qualität und der typologisch-morphologischen und städtebaulich-architektonischen Komplexität der vorhergehigen Situationen...Nur wenn man einen Baukontext und seine vielschichtigen geschichtlichen Aspekte kennt und durchgezeichnet hat, kann man kompetent und einfühlend Verbesserungen und Änderungen vorschlagen. Beste Grüsse Lucien |
Rösch
Senior-Mitglied Beiträge: 343
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Gesendet: 20:13 - 05.07.2003 Ich kann den Aussagen von Lucien Steil zustimmen. @Oliver: Offensichtlich habe ich Dich missverstanden. Mir ging es nur darum, dass man einen Neubau, auch in Form einer Reko, nicht legitimiert, wenn man dafür historische Originalsubstanz abreisst, also Gebäude, die schon mehrere Jahrhunderte das Stadtbild prägen, nur weil das Original Mängel aufweist. Architekten, Gutachter und Bauherren versuchen ja tagtäglich eine Abbruch mit Wirtschaftlichkeits- und Zumutbarkeitsgutachten zu begründen. Dessen muss man sich bewusst sein.Obere Priorität hat die Erhaltung der historischen Bausubstanz! Bausünden, Brachen im Gebiet einer Altstadt sind natürlich durch Rekonstruktionen zu erstetzen. Der Grad der Rekonstruktion muss immer einen hohen Qualitätsmaßstab aufweisen, egal ob nun Fassaden- oder grösstmögliche Rekonstruktion. Beispielsweise sollten Baumaterialien, typ. Bauweise und Elemente sowie das Ornament selbst beim "unbedeutend" erscheinenden Ackerbürgerhaus wieder mit einbezogen werden, um den Charakter des Hauses zu wahren. |
Paul
registriert Beiträge:
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Gesendet: 20:21 - 05.07.2003 Viele Häuser aus der Zeit von vor 1800 sind uns nur überkommen, weil dort mal eine Berühmtheit gewohnt hat. Obwohl dort Ursache und Wirkung verwechselt werden, d.h. Goehte oder Klopstock lebten in ganz typischen Häusern ihrer Zeit, daß sie berühmt wurden, hat mit dem Gebäude ja nichts zu tun, sind sie erhalten geblieben, weil die Nachwelt dort einen gewissen Schauder verspürt. Sehr zu empfehlen ist z.B. ein Besuch von Schillers Wohnhaus in Jena oder das der Familie Nietzsche in Naumburg/Saale. Beide sind von kleinbürgerlichem Zuschnitt, die Räume nach heutigen Maßstäben von geringem Zuschnitt und Deckenhöhen und doch atmen sie eine ernste Heiterkeit, die den Besucher, ganz unabhängig von der Aura des ehemaligen Bewohners in eine andere Zeit entrückt. Besonders hübsch ist der Garten hinter dem Schillerschen Hause, in der einen Ecke steht ein eingeschossiges Häuschen, das nur aus einem einzigen rundumverglasten Raum besteht, wo er geschrieben hat. |
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