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 Forum Index —› Deutschland —› Hamburg: Architekten warnen vor zuviel Glas und Stahl
 


Autor Mitteilung
Dirk1975
Moderator

Beiträge: 435


 

Gesendet: 14:43 - 24.04.2004

GROSSE BAU-DISKUSSION | 24.04.2004

Der Klotz-Streit spaltet die Stadt
INGA FRENSER

Klotz oder Kunst? Hamburgs Architektur bleibt in der Diskussion. Jede Menge Leserbriefe zum Thema erreichten die Redaktion. Viele wünschen sich einen Mittelweg zwischen Protz, Prunk und hanseatischem Rotklinker. Glas, Stahl oder Backstein? Die MOPO fragte nach Wie sieht die Architektur der Zukunft aus?

INTERVIEW mit:
Architektin Ingrid Spengler

Viel Glas und ein bisschen Backstein, das ist das Erfolgsrezept vom Architektenbüro Spengler-Wiescholek. Ingrid Spengler und Manfred Wiescholek gehören zu den meistbeschäftigten Baumeistern in Hamburg. Die MOPO sprach mit Ingrid Spengler über moderne Architektur und den Trend der Zukunft. MOPO: Warum bauen Architekten so gerne mit Glas?

Ingrid Spengler: Es liegt an den Vorteilen des Baustoffs. Früher ließ sich Glas nur schwer verarbeiten, war brüchig. Heute gehört es zu den Materialien, die am leichtesten verbaut werden können. Außerdem spiegelt Glas die Entwicklung der Gesellschaft wider. Wir wollen uns nicht mehr verstecken und unseren Lebensraum möglichst hell gestalten. Alles soll transparent sein.
(Anm.: Dauervoyeurismus durch ständigen Einblick ist besser als ein Recht auf angemessene Privatsphäre?
Ein Glasbau schafft eine fragwürdige Transparenz die nur als Utopie funktioniert und in der Realität eher an Überwachung und den gläsernen Menschen erinnert als an Teilhabe und Offenheit, denn das hat bisher noch keines dieser Gebäude über die Illusion hinaus geschaffen.)

MOPO: Warum lehnen so viele die Glasbauten trotzdem ab?

Spengler: Die Menge machts. Eine Stadt kann diese Art von künstlerischen Objekten nur begrenzt vertragen. Natürlich gibt es auch jetzt noch Stellen, wo moderne Architektur als Skulptur für sich stehen und wirken kann. Wenn aber in bestehende Strukturen hineingebaut wird, sollte man sich vorher überlegen, ob der Entwurf auch passend ist.

MOPO: Werden die Architekten zukünftig noch weiter auf Glas setzen oder gibt es schon einen anderen Trend?

Spengler: Viele Kollegen haben die Unart, einen neuen Baustoff extensiv zu verbauen. Das wird auch zukünftig so sein. Glas wird aber in den kommenden Jahren eher in Kombination auftreten. Vorwiegend wahrscheinlich mit Backstein. Manche Gebäude brauchen einfach ihre Intimität.

MOPO: Für wen bauen Architekten? Fürs Image oder den Bauherren?

Spengler: In erster Linie bauen sie natürlich für den Auftraggeber. Manche sehen ihre Bauten allerdings auch als Prestigeobjekte an.


Info:
LESER-REAKTIONEN

Ulrich Behrenz, Architekt Ich wünsche mir Kunst am Bau. Es gibt zweifellos hervorragende Beispiele für klare und schöne Glas-Stahl-Architektur in Hamburg. Es darf aber nun nicht zu einem Massenphänomen verkommen, also bitte in Maßen. Kulkas "Schwarzer Sarkophag" steht städtebaulich gesehen zumindest an der falschen Stelle, harmonisiert absolut nicht mit der Umgebung, ist nicht menschenfreundlich, jedoch für die Zentrale einer Geheimpolizei durchaus verwertbar.

Oliver Jürs, Texter Ich habe manchmal den Eindruck, in Hamburg herrscht ein Wettbewerb "Wir wollen werden wie Hannover." Austauschbare Bauwerke ersetzen teilweise wunderschöne Bauten. So zum Beispiel der Hallerbau an der Großen Reichenstraße oder das unsägliche und instinktlos "eingefügte" Dorinthotel an der Rentzelstraße.

Dagmar Markgraf Es ist schade, dass man Architekten wie Matthias Ocker nicht öfter die Gestaltung unserer Stadt überlässt. Die in den vergangenen Jahren fertig gestellten "Bauwerke" empfinde ich oft als höchst unästhetisch, kalt und hässlich. Findet irgendwer das Hotel an der Rentzelstraße oder die Ost-West-Straße schön?

Andreas Knoche Diese leichten, spiegelnden und transparenten Glasbauten passen in eine aufgeschlossene, weltoffene Großstadt wie Hamburg hervorragend. Die Leichtigkeit und Eleganz, besonders der Hadi-Teherani-Bauten, schmückt uns und steht gegen den kleinbürgerlichen Spießermief.

Satire-Boogie gegen Klotzbauten

MOPO-Leser Jan Studt hat einen Song verfasst, in dem er einen Dialog mit einem klotzverliebten Architekten beschreibt "(...) Denn jedes Haus muss heut' ein Klotz sein. Alles and're gilt als unfein, nur der Klotz ist wirklich stilrein. Alles andere lässt man sein! (...)"

Er sagte "Sehn Sie aus dem Fenster! Als Architekt wär'n Sie perfekt! Um uns herum gibt es nur Klötze, und diese Form beherrschen Sie. Im Klötzezeichnen sind Sie Spitze architektonisches Genie!"

"Kommt schnell, wir bau'n einen Klotz hin. Einen reduzierten Klotz hin. Einen abstrahierten Klotz hin. Denn das ist die große Kunst! Los kommt her und staunt die Klötze an! Das ist `ne Sache, die nicht jeder kann. Da lässt man besser nur den Fachmann ran! Ihr habt von Kunst doch keinen Dunst!"

Mehr vom Song gibts auf www.mopo.de

Quelle: Hamburger Morgenpost 24.04.04
Kai_2
Senior-Mitglied

Beiträge: 288


 

Gesendet: 15:56 - 24.04.2004

Zitat:
"(...)Wir wollen uns nicht mehr verstecken (...) Alles soll transparent sein.(...)


wovor wollen wir uns verstecken? ornamente wurden nicht an fassaden angebracht um sich zu verstecken, sonder um die macht, den reichtum und denn sinn für ästhetik des bauherren zu demonstrieren.
soll das glas dann etwa demonstrieren, dass wir weder reich sind, noch macht haben, noch sinn für ästhetik? alles soll transparent sein! und dann? was dann? was passiert dann, wenn alles transparent ist? man wird sich noch mehr als jetzt nach baukunst sehnen!
Bewacher
Mitglied

Beiträge: 215


 

Gesendet: 13:27 - 25.04.2004

"Dauervoyeurismus durch ständigen Einblick ist besser als ein Recht auf angemessene Privatsphäre?
Ein Glasbau schafft eine fragwürdige Transparenz die nur als Utopie funktioniert und in der Realität eher an Überwachung und den gläsernen Menschen erinnert als an Teilhabe und Offenheit, denn das hat bisher noch keines dieser Gebäude über die Illusion hinaus geschaffen."


Apropos Utopien: Es gab Ende des XVIII Jh. oder Anfang des XIX Jh. einen französischen Utopisten, der meinte, man sollte gläserne Häuser für die Fabrikarbeiter bauen, was diese angeblich glücklich machen sollte. So neu und "modern" ises also net...
In den 50-er Jahren des letzten Jahrhunderts hat ein Architekt namens Philip Johnson auch wirklich ein Haus als Glas gebaut - später wurde ihm das Kästchentum zu langweilig und er wurde zum führenden Postmodernisten.

Es gibt allerdings moderne Untersuchungen, die beweisen, daß in den "transparenten" Großraumbüros es wesentlich mehr Fälle des Mobbings gibt.
Antiquitus
Moderator

Beiträge: 943


 

Gesendet: 14:00 - 25.04.2004

"Andreas Knoche Diese leichten, spiegelnden und transparenten Glasbauten passen in eine aufgeschlossene, weltoffene Großstadt wie Hamburg hervorragend. Die Leichtigkeit und Eleganz, besonders der Hadi-Teherani-Bauten, schmückt uns und steht gegen den kleinbürgerlichen Spießermief. "

bei so viel dummheit wird es einem ja übel.
aber wahrscheilich hat die mopo dieses zitat nur abgedruckt, weil es ein ganz besonders schlechtes licht auf die glas-faschos wirft.
H. C. Stössinger
Senior-Mitglied

Beiträge: 422


 

Gesendet: 16:44 - 25.04.2004

Zitat:
Außerdem spiegelt Glas die Entwicklung der Gesellschaft wider. Wir wollen uns nicht mehr verstecken und unseren Lebensraum möglichst hell gestalten. Alles soll transparent sein.


Da leben wohl doch noch so einige Leute in dieser Utopie des neuen Menschen. Die Aussage des Zitates ist grundsaetzlich falsch. Der Mensch liebt gerade in seiner Privatsphaere die Zurueckgezogenheit und fuehlt sich an grossen lichten Plaetzen und Wohnungen mit Riesenfenstern nicht besonders wohl und zieht Vorhaenge davor. Bitte nachlesen in Forschungsergebnissen der Verhaltenspsychologie.

Da hat jemand einen ganz schoenen Muell erzaehlt, jemand der keine Ahnung von den Menschen hat. Viele Architekten haben die nicht - dementsprechend sehen auch unsere Staedte heute aus.

Jeder Architekt sollte, bevor er anfaengt zu bauen, erst einmal ein paar Semester in Psychologie und Verhaltenskunde besuchen - mein Vorschlag...
Ben
Goldenes Premium-Mitglied

Beiträge: 1337


 

Gesendet: 21:14 - 25.04.2004

Quel Schmwachsinn!
Aber ich bin Heute am Hackeschen Markt vorbei gefahren und an dem Glashaus neben den Hackeschen Höfen hängt ein großes Schild "Büros zu vermieten!". An der Lage kanns ja wohl nicht liegen - eher an den Preisen . An den anderen habe keine solche Schlider gesehen. Das hat mich richtig gefreut.
Dirk1975
Moderator

Beiträge: 435


 

Gesendet: 18:44 - 26.04.2004

Beitrag von Oliver:



Im aktuellen Spiegel gibt es diesmal
ein nettes Gespräch mit dem Sprecher
des Bundes Deutscher Baumeister,
Architekten und Ingenieure (BDB) in
Hamburg Hans-Ulrich Zöllner.

Auszüge:
Spiegel:Herr Zöllner, Sie wettern
öffentlich gegen Kollegen, die derzeit
gern Stahl- und Glasbauten entwerfen. Was
haben Sie gegen diese Ästhetik ?
Zöllner:Ich wettere nicht gegen
Kollegen, ich gucke mir die Stadt an,
in der ich lebe - also Hamburg -, und
stelle fest, dass sie ihr typisches
Gesicht verliert. Viele der Glas-Stahl-
bauten, die hier in letzter Zeit
entstanden sind, könnten in jeder
anderen Stadt stehen - und das ist
doch schade.
Spiegel:Das klassische Argument
der Vertreter von Glas-Stahl-Architektur
lautet: Die traditionellen Häuser
könnten sich in der Glasfassade spiegeln,
das moderne Gebäude schaffe damit eine
Verbindung zum älteren.
Zöllner:Das ist ein sehr schönes
und wichtiges Argument, aber wir haben
doch inzwischen schon den Effekt, daß
sich in den neuen Glasfassaden nichts
Altes mehr spiegelt, weil es drum herum
auch nur noch Glasfassaden gibt. Es
wird hier eine Monokultur geschaffen,
die nicht mehr reizvoll ist.
... weiter zu lesen im aktuellen Spiegel.

Wenige Seiten weiter werden die
Architekten Ottl und Hild ("Hild und K")
vorgestellt, welche sich "fürs
Ornament, für ein üppiges, fröhlich-
florales Schnittmuster" entschieden
haben.
Hier die Homepage: http://www.hildundk.de/
...vorsicht, wegen der großen
Zugriffszahl kann man dort gerade
fast gar nichts herunterladen.

------------------------------------

Hier noch ein Projekt von "Hild und K":

Bushaltestelle in Landshut
http://www.baunetz.de/sixcms_4/sixcms_upload/media/1087/02207704.jpg

Hier noch einen Auszug aus dem Artikel:
...Und jede Idee aus dem "Hild und K"
genannten Büro ist so gut, so waghalsig-
gewitzt, daß die beiden Architekten
inzwischen vom dräuenden Kitschverdacht
freigesprochen worden sind: Die
Szene signalisiert Anerkennung, zuweilen
sogar Hochachtung.

Komisch, was ist den mit
der Architektenschaft passiert ?
...wohl zu viel
Ben
Goldenes Premium-Mitglied

Beiträge: 1337


 

Gesendet: 20:40 - 26.04.2004

Diese Spielungs-Argument ist ja auch totaler Schrott. Das zeigt nur wieder die Unkreativität oder sogar Faulheit dieser Architekten. Wozu soll sich etwas bereits existierendes spiegeln, wenn man etwas neues ebenbürtiges schaffen könnte...?!
Hans-Dominik Schwabl
Mitglied

Beiträge: 120


 

Gesendet: 22:43 - 26.04.2004

@Ben
Ich fürchte, dass die Wiener Situation auch für andere Städte typisch ist: Seit Jahren gibt es Kampagnen, dass Wien so provinziell ist und dass man zur Abhilfe neue Hochhäuser braucht. Tatsächlich stehen diese dann halb leer, weil es viel zu viel Büroraum in Wien gibt. Trotzdem wird weitergebaut, denn erstens erhöht das den Shareholder-value der großen Baufirmen (kleine bauen ja keine Hochhäuser!), zweitens kann man sich mit Verlustbeteiligungen Steuer sparen. Dass das Ruinieren traditioneller Stadtstrukturen dann noch zusätzlich die Allgemeinheit - d.h. den Steuerzahler - noch mit Folgekosten belastet (Vandalismus etc.) stört aber die zuständigen Politiker überhaupt nicht, da die Verflechtung der Parteien (sowohl SPÖ wie ÖVP) mit den großen Baufirmen ja den Parteikassen nützt.
Claus
Mitglied

Beiträge: 164


 

Gesendet: 13:20 - 27.04.2004

Genauso wie Hamburg baut auch Amsterdam neue Stadtviertel am Meer.Hier wie dort nur langweilige Kuben und Glas-/Stahlfassaden,siehe hierzu:
http://www.spiegel.de/reise/metropolen/0,1518,296642,00.html

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