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 Forum Index —› Diskussion —› Zerstörung eurer Stadt - das leidige Thema
 


Autor Mitteilung
sebastian c
registriert

Beiträge: 9


Gesendet: 14:21 - 16.12.2003


Immer wieder hört man in diesem Board wie Leute darüber klagen, dass ihre Stadt im 2. WK so stark zerstört wurde. Mich würden in diesem Thread die Fakten interessieren; was ist im 2. WK genau mit eurer Stadt passiert? Wie hoch waren Opferzahlen und Zerstörung? Und eventuell kann man noch über die Zeit des Wiederaufbaus (auch architektonisch)sprechen und wie man heute mit der düsteren Geschichte der Städte umgeht.(Gedenktage?)

Heute jährt sich in Siegen der schlimme Angriff des Dezembers 1944 zum 59. Mal. Am 16. Dezember wurde damals die Stadt zu 80 % zerstört; wegen der tollen Ausstattung an Schutzräumen (auch heute stehen noch 12 große Bunker) in Siegen starben allerdings "nur" 384 Deutsche. Speziell wegen der starken Eisenindustrie wurde Siegen innerhalb von nur 7 Minuten mit einem Angriff der Alliierten nahezu ausgelöscht. Historische Bausubstanz - vor dem 2. WK war Siegen eine hübsche Fachwerkstadt - blieb daher kaum übrig. Die Stadt wurde sehr schnell wiederaufgebaut, was natürlich für die Leute damals wichtig war; aber andererseits ist das relativ lieblos geschehen, tolle Architektur aus dem 50ern ist natürlich Mangelware.

Erwähnen sollte man noch dass auch die Siegerländer nicht nur Opfer waren: Am gleichen Tag(!) wurde von (Siegen-)Seelbach aus eine V2-Rakete in Richtung Antwerpen abgeschossen. Diese zerstörte das vollbesetzte Rex-Kino und sorgte für nahezu 600 Tote. Ironie des Schickssals: Siegen und Antwerpen haben einiges gemeinsam; nennen sich beide Rubensstadt, da der Maler Peter Paul Rubens in Siegen geboren ist und anschließend als flämischer Künstler in Antwerpen zu Ruhm gekommen ist. Aber solche "Kleinigkeiten" zählen im Krieg nicht.


Hoffe, dass es solch ein Thema bisher noch nicht gibt und ihr einiges dazu beitragen könnt!

Antiquitus
Moderator

Beiträge: 943


 

Gesendet: 14:52 - 16.12.2003

ich bin in einem dorf groß geworden, das überhaupt nicht vom krieg tangiert wurde.

größere zerstörungen gab es erst nach dem krieg in form einer schule, einer sporthalle udn diversen "industriellen" bauten.
Seraph Eleison
Mitglied

Beiträge: 127


 

Gesendet: 17:31 - 16.12.2003

@sebastian c:
Jetzt deprimierst du uns so in der Vorweihnachtszeit. Unmöglich...

Ich weiß aber gar nicht, was du hast, die "berühmten" Bauten (die beiden Schlösser und die drei Kirchen) stehen doch noch, oder gab es vor dem Krieg noch andere größere/prächtigee Bauten? Bei bildindex.de finde ich nicht viel bei Siegen...
Richard
registriert

Beiträge:


 

Gesendet: 17:33 - 16.12.2003

also, ich bringe mal Straubing, die Hauptstadt des Gäubodens bei, weil ich dort letzte Woche gerade gewesen bin und mich mit dem Thema beschäftigt habe:

Am 18. April 1945, neunzehn Tage vor Kriegsende, wurde die Stadt als Ausweichziel (man will ja nicht mit den Bomben wieder über den Kanal fliegen, auf irgendwas müssen sie ja hinunter) für das ursprünglich vorgesehene Ziel in Böhmen angeflogen. Festgelegt wurde das erst eine Stunde vor dem Angriff, so zufällig schlug das Todespendel oft aus...
300 Tote, 30 Großbrände, 214 total zerstörte Gebäude, die halbe Stadt in Mitleideschaft gezogen.
Auf einem Luftbild ist die Verwüstungszone deutlich zu sehen, wären die Bomben 1-2 Sekungen später ausgeklinkt worden, wäre der wundervolle Stadtplatz und die ihn umgebende Altstadt fortgewesen.
Zwei Sekunden und die Geschichte einer Stadt wäre ausgelöscht gewesen, zwei Sekunden, die über die Identität entschieden haben.
Der Herrgott muß seine Hand über Niederbayern und die Oberpfalz gehalten haben, Regensburg, Weiden, Straubing, Passau, Landshut, Burghausen, Wasserburg..., überall die wundervollen Altstädte erhalten.
sebastian c
registriert

Beiträge: 9


 

Gesendet: 18:11 - 16.12.2003

@seraph eleison: Ja, diese paar historischen Bauten konnten zum Glück "gerettet" werden. Von anderen "prächtigen" Bauten weiß ich nichts. Allerdings bestand Siegens Oberstadt bis zum 2.WK zum größten Teil aus Fachwerkhäusern -
so sah beispielsweise "der Klubb" am Siegener Martkplatz 1921 aus..
[Link zum eingefügten Bild] - heute sind dagegen nur vereinzelte Gebäude in der sogenannten Altstadt übrig.
Naja, und im Rest der Stadt, vorallem in der Unterstadt mussten die "normalen" Bauten dran glauben. Im Vergleich zu vielen 50er Jahre Bauten sicher ein Verlust.

[Link zum eingefügten Bild] (Kölner Tor 1937, damals gabs sogar noch ne Straßenbahn)

[Link zum eingefügten Bild]
Seraph Eleison
Mitglied

Beiträge: 127


 

Gesendet: 18:31 - 16.12.2003

Ja, ich meinte aber so Bauten wie ein großes Theater/Rathaus/Bahnhof/Hotel usw... ich poste morgen mal ein paar Fotos von wichtigen Gebäuden, die Hagen verloren hat. Muss dafür nämlich erstmal ein bisschen scannen, deswegen erst morgen :)
Kai_2
Senior-Mitglied

Beiträge: 288


 

Gesendet: 21:25 - 16.12.2003

ich weiß nicht, wie hoch die zahl der todesopfer war, aber ich denke, dass man in herne relativ gut davon gekommen ist.
fast die gesamte innenstadt ist (abgesehen von einem riesigen karstadt gebäude(was sonst? )einer stadtgalerie und einigen wenigen modernen kästen) eine durchgehender "boulevard", gesäumt von jugendstil und historismus fassaden. gekrönt von einer kirche am ende und einem bahnhof aus der gründerzeit am anfang. die seitenstraßen sind auch ganz schön, und es wurde erst vor kurzem ein gebäude, das abgerissen werden sollte, vor dem verfall gerettet und ist heute eines der schönsten gebäude der stadt. der rathausplatz ist auch noch vollständig erhalten. aber dirket neben der o.g. kirche fangen häßlich 70erjahre bauten auf, später wieder fast komplette gründerzeitensembles und villen/häuser (glaube, dass dort eine bombe eingeschlagen ist). relativ okay.
Kai
Fabian
registriert

Beiträge: 6


 

Gesendet: 17:12 - 17.12.2003

Das Inferno

Das Bahngelände (Anmerkung: Mühldorf war ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt) ist von Bombenkratern übersät, das Betriebswerk ausgeschaltet, die Gleisanlagen sind nahezu zerstört, Stellwerke und Außenanlagen vernichtet. Fast 50 Lokomotiven und etwa 2 800 Wagen sind ausgebrannt. Das Bahnhofsviertel ist schwer getroffen, besonders schlimm sind die Zerstörungen zwischen Mühlen- und Münchener Straße; dort brennen Lagerhaus und Walzmühle. Aber auch die Häuser am Hang und der Altstadtrand werden getroffen; eine Trichterspur zieht sich von den Innauen bis zum Bahnhoffußweg. Dort findet man unter den Trümmern der Kreissparkasse 22 Tote. Die Straßen der oberen Stadt (Bahnhofsviertel) sind unpassierbar, weil von Bomben aufgerissen. Die Wasserversorgung leckt an 200 Stellen, die Kanalisation ist mindestens 50mal unterbrochen. 114 sind ganz, 308 schwer zerstört, viele andere mehr oder weniger stark in Mitleidenschaft gezogen. 40% des Mühldorfer Wohnraums existieren nicht mehr. Die Bewohner finden in den Dörfern der Umgebung Unterschlupf, und wer von den übrigen Mühldorfern kann, zieht ebenfalls aufs Land. (…)
Am 20. April erfolgt der zweite Angriff auf Mühldorf. Kurz nach 12 Uhr öffnen drei oder vier Wellen von Bombenflugzeugen ihr Schächte über dem Bahnhof und der Stadt. Getroffen werden diesmal der östliche Teil des Bahnhofsgeländes und der nordöstliche Teil der Stadt, das Gelände zwischen Hartgassensiedlung und Töginger Straße bis in die Nähe des Wasserturms. (Anmerkung: steht heute noch!) Eine Bombenreihe läuft über Stadtwall und Weißgerberstraße bis vor den Hochbrunnen auf dem Stadtplatz. (…)

Ich glaube dieser Auszug aus dem Buch „Mühldorf - Stadt am Inn“ beschreibt die Zerstörung in meiner Heimatstadt recht genau. In der Altstadt sieht man eigentlich heute nichts mehr. èeinige Rekonstruktionen Aber im Bahnhofsviertel wurde leider nicht so verfahren. Wie es dort aussieht hab ich ja schon in einem andren Threat beschrieben. Noch ein Link zum Stadtplan von Mühldorf:http://www.muehldorf.de/stadt/stadtplan.htm
Richard
registriert

Beiträge:


 

Gesendet: 18:51 - 17.12.2003

@Fabian
Wie schön das Wort "Threat" zu diesem Thema paßt...
Bewacher
Mitglied

Beiträge: 215


 

Gesendet: 19:44 - 17.12.2003

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