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Autor Mitteilung
cobra
Moderator

Beiträge: 357


Gesendet: 22:56 - 07.12.2007

Meine zweite Erstbefahrung....

Alle Flüsse in ganz Europa sind schon von den Paddlern erkundet. Ganz Europa? Nein, ein kleiner Fluss nahe gelegen des Trelder Berges leistet erbitterten Widerstand - bis heute.
Es ist der 7. Dezember im Jahre 2007. Drei Jahre brauchten die Vorbereitungen. Beschreibungen gab es keine an denen man sich orientieren konnte. Unterlagen über eine erfolgreiche Befahrung gab es ebenfalls nicht. Selbst ein Versuch wurde nie dokumentiert. Wasserstände, Organisationsprobleme und schließlich die Zeit ließen die Befahrung zu einem früheren Zeitpunkt nicht zu.
Heute sollte der Tag sein, durch heftigste Regenschauer führte der Fluss etwa das 12fache der normalen Menge. In Kubik lässt sich das kaum noch schreiben. Aber wer mag, kann es ja mal zum Schluss ausrechnen.
Für die Erstbefahrung wurde vorsichtshalber ein T - Canyon gewählt. Genügend Volumen, trotzdem noch wendig und gut zu fahren.
Der Einstieg war unmittelbar hinter einem riesigen Katarakt, gefolgt von einem Siphon. Die Wasserkraft war so stark, dass an diesem Tage ein ganzer Hang am Katarakt einfach weggerissen wurde.
Sobald man auf dem Fluss war, war man auf sich alleine gestellt, keine Menschenseele würde sich hierher verirren. Lediglich ein paar Pferde, Esel und Gänse waren unsere Zuschauer.
In der Ferne hörte man noch eine Autobahn, die einzige Stelle bis zur nächsten Stadt um Menschen zu treffen.
Kurz nach dem Einstieg versperrte uns eine riesige Verblockung den Weg. Mehrfaches mühseliges Umtragen war auf dem derzeit etwa 1 Meter breiten Fluss sehr beschwerlich.
Die Strömung war etwa 1 - 2 Meter die Sekunde, also zwischen 4 und 6 km/h. Die Bäume teils kaum weiter als die Bootsbreite auseinander. Haarnadelkurven, Presswasser, Prallwände und vor allem Brombeerbüsche waren die größten Hindernisse. Nach etwa 50 Metern die 3te Umtrage. Der Wasserstand war zu hoch oder die Brücke zu niedrig. Die Brücke wurde also umtragen. Hinter der Brücke musste man einen steilen Felsen hinabstürzen, um wieder zum Wasser zu gelangen. Also war ein Landstart nötig. Um nun frei paddeln zu können brauchte man nur dem Fluss folgen, oder? Nein, nach wenigen Metern versperrten kaum erkennbare Stacheldrähte den Bach. Die Strömung war hier ziemlich stark und somit stellte dieses eine unnötige Gefahr dar. Umtragen war überaus schwierig, alles war mit Stacheldraht gespickt, durch den Regen war das Gelände kaum begehbar und auch sonst erwartete uns hier noch eine Überraschung. Eine Schlange, die noch versuchte dem Hochwasser zu entkommen, kreuzte meinen Weg. Da ich von den übergroßen Regenwürmern keine Ahnung habe, hielt ich es für eine besonders gute Idee, ihr einfach aus dem Weg zu gehen. Nach nur einem Schritt konnte ich Evas Schicksal nicht mehr sehen. Wahrscheinlich war sie genauso erschrocken wie ich.
Nun konnten wir weiterfahren, bis zur Hüfte schwarz durch Sand und Lehm stiegen wir also ständig wieder ein und aus und wieder ein. Der Fluss verbreiterte sich hier nun auf etwa 3 - 4 Meter. Abzüglich der Bäume, die ständig wieder überall wie ein Memory Spiel herum lagen blieben dann meist nur wenige cm mehr als Bootsbreite. Dafür wurden die Kurven nun erheblich angenehmer. Man blieb nicht ständig wegen des langen Bootes stecken. Die Brombeeren hingegen wurden leider mehr.
Hinter einem kleinen Abfall dann das Schlimmste: Ein Brombeerstrauch war leicht unter Wasser. Durch das Eintauchen war der Strauch nun über dem Boot. Kurz darauf klebte er am Körper. Die Dornen bohrten sich sofort in Hände, Regenjacke und sonstige Körperteile. Der Wasserdruck sehr stark, die Dornen sehr schmerzhaft. Wie schon gesagt, wer soll einen finden, wenn die Dornen einen unter Wasser halten. Aber im etwa 60 cm tiefem Wasser nach einer Kenterung ersaufen, war auch nicht gerade meine Erfüllung.
Etwa eine viertel Stunde dauerte der Rettungsversuch, bis mich die Dornen frei gaben und die Fahrt fortgesetzt werden konnte. Die Autobahn kam in Sicht. Direkt vor der Autobahn versperrte ein Busch (natürlich mit Dornen) die Einfahrt zur Autobahnbrücke. Die Geräusche ließen erkennen, dass noch ein kleiner Abfall vor der Brücke kommen musste. Also nun doch wieder aussteigen und die Lage erkunden. Zu Fuß kam man relativ leicht zur Durchfahrt. Ein Baum versperrte zwar den Eingang, aber dahinter folgte ein runder Tunnel, etwa 35 Meter lang und mit nur 1,5 Meter Durchmesser. Erkennen ob im Unterwasser etwas lag, konnte man kaum. Trotzdem - zurück durch das Gelände ging nicht. Die Strömung war hier nicht allzu stark, die Flusstiefe etwa 60 cm, also kaum Platz zum Kentern. Nach einem Landstart über den Baum rutschten wir unaufhaltsam in die Röhre. Paddeln konnten wir dort natürlich nicht, also ließen wir uns durchtreiben. Zum Glück ohne Hindernisse.
Kurze Zeit später krachte es kurz vor uns. Durch den starken Sturm waren einige Bäume umgefallen, einer eben gerade. Die meisten Bäume konnten unterfahren werden, einige waren so dicht über Wasser, dass die Nase hinterher weh tat.
Nun folgten noch einige kleinere Abfälle, viele Bäume und mehrere Umtragestellen bis die Mündung in Sicht kam. (An einem Abfall konnte man sogar den Ansatz zu einer Kerze erkennen.)
Kurz vor der Mündung verschwand der Fluss aber noch einmal unter einer zu flachen Brücke, so dass wir nun noch einmal heraus mussten. Durch die durchnässte Wiese sackten wir bis zur Hüfte ein und brauchten so ganze 10 Minuten um die 30 Meter umzutragen.
Die letzten paar Meter zur Mündung konnten wir ohne Hindernisse genießen. Der Wehlen war nun auf satte 60 Meter Breite und zwei Meter Tiefe angewachsen. Normal sind dort knapp 35 cm Breite und max. 15 cm Tiefe.
Die Begeisterung der Erstbefahrung blieb nicht lange, denn knapp nach der Mündung in die Este musste man wieder umtragen, denn der Wasserstand war so hoch, dass alle Brücke umtragen werden mussten. Z. T. konnte man auch um die Brücken herum fahren. Ein Jahrtausendhochwasser in dieser Gegend. Die Este war an etlichen Stellen weit über die Ufer getreten und verschlang die ganzen Wiesen um sich. Bis Moisburg brauchten wir dann trotzdem noch einmal gut eine Stunde (sonst 40 Min.) Die kleinen Stromschnellen, die die Este sonst zu bieten hat, waren alle nicht mehr da, dafür schossen ständig herumschwimmende Baumstämme aus dem Wasser.
Fazit: Um Erstbefahrungen zu machen braucht man nicht unbedingt in die Alpen oder andere bekannte Gebirge fahren, der hohe Norden bei Hamburg hat das ebenfalls zu bieten.
Die Strecke auf dem Wehlen war etwa 4 - 5 km lang, hatte mit kleinen Schwällen, kleinen Abfällen, Bäumen, Sträuchern, Brombeeren, Autobahnen, guter Strömung und Stacheldrähten alles zu bieten was man sich zur Erstbefahrung wünscht.
Alles in einem würde ich dem Fluss die Schwierigkeit 4 - 5 geben. Nur fürs Wildwasser gibt es keine Wertung, das fehlte eben fast gänzlich.
Eine Wiederbefahrung wird wohl aber kaum stattfinden, zu selten ist der Wasserstand fahr- bzw. begehbar. Aber trotzdem war ich erster. J
Also auf zum nächsten Mal, wenn es wieder heißt: "Lust `n Schweinebach zu paddeln"?


Grüße Cobra

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