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 Forum Index —› INFOS , GRÜSSE UND ANREGUNGEN —› Gerichtsurteil: Kölner Brauereipferd tritt Auto *gg*
 


Autor Mitteilung
Stefanie
Moderator

Beiträge: 4377


Gesendet: 14:02 - 30.10.2003




Huftritte eines Brauereigauls gegen parkenden Pkw

Dieses Urteil stammt bereits vom 12.10.1984; dennoch hat es nichts von von seiner bahnbrechenden Bedeutung für die deutsche Juristerei verloren.

Das Amtsgericht Köln hatte am 12.10.1984 den folgenden schwierigen Fall zu entscheiden:

Am 31.01.84 wurde der Pkw der Klägerin in Köln vor einer Kneipe von einem Pferd getreten und beschädigt. Die Beklagte des Verfahrens, eine Privatbrauerei ließ mit solchen Pferden ihr Bier umhertransportieren; sie bestritt jedoch, daß an dem fraglichen Tag eines ihrer Pferde die Tat begangen hat.

Das Amtsgericht kam zu folgendem Ergebnis:

Ein Pferdefuhrwerk ist, obwohl durch PS in Bewegung gesetzt, kein Fahrzeug i.S.d. der StVO.
Auch wenn ein Brauereigaul am Straßenverkehr teilnimmt und nicht zu Hause wohnt, gehört er zu den Haustieren i.S.d. § 833 S. 2 BGB.
Ein Ausschluß der Tierhalterhaftung gem. § 833 S 2 BGB kommt nicht in Betarcht, wenn das Pferdegespann einer Brauerei zur Reklame ständig mit leeren Bierfässern durch die Stadt fährt, zumal dies dem Umsatz nicht gerade förderlich ist.
Beschädigt ein Brauereigaul durch Huftritte einen geparkten Pkw, hat sich damit die typische Tiergefahr i.S.d. § 833 BGB verwirklicht. Der Beweggrund des Tieres ist rechtlich ebenso unbeachtlich wie der Umstand, daß auch Menschen sich gelegentlich so zu verhalten pflegen.
Ein Bierkutscher, der diensteifrig dem Gebräu der eigenen Brauerei zugesprochen hat, verstößt gegen § 316 StGB, wenn er in fahruntüchtigem Zustand das Pferdegespann führt. Die Fahrerlaubnis kann ihm allerdings nicht entzogen werden.
Ein ”Führen” des Fahrzeugs ist gegeben, wenn der Bierkutscher durch Zurufe (z.B. ”Hüh” oder ”Hott”) auf die Gäule einwirkt. Dies gilt jedoch nicht für Zurufe des Beikutschers.

Aus der Begründung des Urteils sind folgende Ausführungen besonders bemerkenswert:

”Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat auch eines der beiden Pferde mit einem der 8 Hufe das Auto der Klägerin getreten. Damit hat sich die von dem Gesetz verlangte typische Tiergefahr verwirklicht. Daß sich auch Menschen ab und zu so zu verhalten (vgl. dazu das Holzweg-Urteil des erkennenden Gerichs vom 4.12.81 - zitiert in Brigitte Nr. 18/1982 sowie Kölner Expreß 7.4.82) ist unerheblich, weil es hier auf die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens ankommt. Unberechenbar ist aber alles, auf das man sich leider nicht verlassen kann.

Deshalb bedurfte es auch keiner Aufklärung, ob das Pferd gegen das Auto getreten hat, weil es als Angehöriger einer Minderheit im Straßenverkehr eine Aversion gegen Blech entwickelt hat oder weil es in seiner Einsamkeit sein Herz mit schönem Klang erfreuen wollte oder ob es seinen Huf als Warnblinklicht betätigt hat, damit es mit dem liegengebliebenen Fahrzeug rechtzeitig als stehendes Hindernis erkannt werden konnte.

Die Pferde sind auch am 31.1.84 pünktlich um 12.00 h (”High Noon”) vor der Postschänke zur Attacke geritten, um das dort befindliche Auto der Klägerin einzutreten, auch wenn die genauen Umstände, wie sie dahin gelangt sind, im einzelnen nicht mehr restlos aufgeklärt werden konnten. Kutscher W war nämlich als alter Fuhrmann der festen Überzeugung, daß er freitags mit den Pferden die Südstadt heimsuche, dienstags aber den Stadteil E. Der Zeuge Z hingegen, der für die Beklagte den Fahrplan für die Pferdekutsche aufstellt, war fest der Überzeugung, daß die Kutsche grundsätzlich dienstags die Südstadt besuche und freitags nach E fahre. Der Kutscher W schüttelte darauf merklich seinen Kopf. Der Zeuge Z fügte hinzu, dam Dienstag sei der zweite Kutscher krank gewesen. Deshalb habe er dem Zeugen W gesagt, er möge die kleinere Tour nach E machen. Diese Anordnung erging auch völlig zu recht, heißt es doch schon seit je: ”2 Pferde, ein Kutscher, 4 Bestien”. Andererseits heißt es aber auch, was der Angestellte der Beklagten vielleicht nicht genügend berücksichtigt hat ”Alte Gewohnheit soll man nicht brechen”. Weiter heißt es auch ”Nimmt Gewohnheit überhand, kommt sie über all das Land”.

Deshalb und weil die Fähigkeit, an zwei Orten gleichzeitig in Erscheinung oder sonstwohin zu treten, auch bei Pferden nur selten anzutreffen ist, ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, daß das Gespann der Beklagten bei seiner Reise über das Kölner Land am Dienstag den 31.1.84 auf der B Straße an der Postschänke angelangt ist, wo es auch von dem Zeugen S deutlich wahrgenommen wurde, dem insoweit eine besondere Kölsche Sachkunde zugesprochen werden muß. Er erkannte nämlich nicht nur den Kutscher, sondern auch die Pferde wieder, wobei allerdings die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen ist, daß ihm die Firmenaufschrift auf dem Fuhrwerk der Beklagten bei der einwandfreien Identifizierung geholfen hat. Der Zeuge konnte sich auch an den 31.1. als einen besonderen Tag noch gut erinnern. Es regnete nämlich und er hatte sogar den Schirm auf. Er konnte auch nach vollbrachtem Arztbesuch den Rest des Tages unbeschwert von jeder Arbeit genießen, sodaß seine Aufmerksamkeit durch ncihts getrübt war. Das beweist schon die Tatsache, daß er in aller Ruhe ”ein paar Minuten lang” zuschaute, wie das eine Pferd immer wieder gegen die Stoßstange des Fahrzeugs trat, bis der Kutscher der Beklagten seinerseits zwar nicht gegen den Wagen, wohl aber in Erscheinung trat. Offenbar hatte der Kutscher den alten Rat befolgt: ”Wer weiter will als sein Pferd, der sitze ab und gehe zu Fuß”.

Auch wenn man nicht der heute weit verbreiteten Rechtsansicht huldigt, Tiere seien die besseren Menschen wäre es von dem Kutscher natürlich zu verlangen gewesen, die Pferde, anstatt sie herrenlos allein im Regen stehen zu lassen, wenn schon nicht aus Gründen des ethischen Tierschutzes sod doch wenigstens zur Beaufsichtigung (§ 833 s 2 BGB) und um ausreichend auf sie einwirken zu können (§ 28 I 2 StVO), mit in die Postschänke hineinzunehmen. Das wäre angesichts der Kölner Verhältnisse im allgemeinen wie auch für Pferde, die den Namen einer Kölner Brauerei tragen, durchaus nichts ungewöhnliches oder Unzumutbares gewesen. Hat doch schon einmal eine Dame, die allerdings den Namen eines Konkurrenzunternehmens der Beklagten trug, dafür gesorgt, daß 2 Pferde in einem Hause die Treppe hinauf getrappelt sind, um vom Dachboden aus einen besseren Überblick über die offenbar schon damals wenig übersichtlichen Kölner Verkehrsverhältnisse zu gewinnen. So weit hätte der Kutscher der Beklagten die Pferde mit an die Theke genommen hätte, wo sie sich als echte Kölsche Brauereipferde sicherlich wohler gefühlt hätten als draußen im Regen. Auch die Wirtin hätte sicher nichts dagegen gehabt. Denn die Rechtsregel ”Der Gast geht solange zur Theke bis er bricht”, hat bis jetzt, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung auf Pferde noch keine Anwendung gefunden.

Unter diesen Umständen konnte es offenbleiben, ob der Kutscher der Beklagten in der Postschänke tatsächlich ”eine Tasse Kaffe” getrunken hat, ”weil es so kalt war” und ob er dadurch arbeitsrechtlich gegen seinen Auftrag verstoßen hat, in jeder Lage für die Beklagte Reklame zu machen und den Umsatz zu fördern. Die Werbeslogans der Beklagten lauten eben, soweit das Gericht sie aufmerksam verfolgt hat, gerade nicht:

Zwischen Leber und Milz paßt immer noch ein Pilz. (.....)

Der Werbespruch der Beklagten zielt vielmehr schon vom Wortlaut her imperativ darauf ab, daß ein Mensch namens ”Bester” ihr Gebräu trinken soll. (....)

Insgesamt jedenfalls könnte die Beklagte mit einer gewissen Berechtigung ihrem Kutscher entgegenhalten, daß ”dasjenige Bier, das nicht getrunken wird, seinen Beruf verfehlt”. Die von der Beklagten vertriebene Getränkeart vermag, insbesondere zur Winterszeit, wie das Gericht aufgrund eigener Sachkunde feststellen konnte, ohne daß die Hinzuziehung eines Sachverständigen für Alkoholfragen notwendig gewesen wäre, durchaus auch anstelle von Kaffee eine gewisse wärmende Wirkung zu entfalten, wobei allerdings rechtlich ein mäßiger Gebrauch anzuraten ist. Die alte Verkehrsregel nämlich ”Wenn der Kutscher besoffen ist, laufen die Pferde am besten, kann heute rechtlich nicht mehr uneingeschränkt Gültigkeit beanspruchen.

Auch wenn es für Kutscher noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Unterlagen für die Festlegung von Promillegrenzwerten gibt, können diese bestraft werden (wenn auch nicht des Führerscheins verlustig gehen), wenn sie nachweislich alkoholbedingt fahruntüchtig ein Pferdefuhrwerk führen. Zum Führen eines Pferdefuhrwerkes gehört dabei im Rechtssinne nach h.M. die Ausübung der für die Fortbewegung wesentlichen Verrichtungen .... Wenn man dem Gebräu der eigenen Brauerei diensteifrig zugesprochen hat, könnte es möglicherweise geraten sein nach dem Motto ”Das Pferd ist klüger als sein Reiter” den Zügel völlig schleifen zu lassen, wenn man es nicht von vornherein vorzieht, hinten auf den Wagen zu kriechen. Denn: ”Wer kriecht, kann nicht stolpern”.

(....)

Eine allgemein verbindliche Bier-Kutsch-Regel läßt sich jedoch nicht aufstellen. Deshalb weiß man auch von vornherein nie, wie die Gerichte entscheiden. Eher wäre ganz allgemein auch für Kutscher ein komplettes Jurastudium der Trunkenheit im Straßenverkehr zu empfehlen, bevor sie sich in den juristischen Fallstricken der eigenen Zügel verfangen. Denn: ”Wer zwei linke Hände hat, sollte die Rechte studieren”.

Anläßlich des hier zu entscheidenden Falles bleibt nicht zuletzt mit Betrübnis festzustellen, daß die Gleichberechtigung der Tiere untereinander in der juristischen Fachliteratur noch nicht hinreichend Berücksichtigung gefunden hat. Insbesondere das Rindvieh wird von den Autoren ... offensichtlich bevorzugt. (...).

”Der Stier bemüht sich nicht wie Du, oft hoffnungslos um eine Kuh”. (.....)

Das Brauereipferd ist in der Fachliteratur, soweit ersichtlich, bislang überhaupt noch nicht gewürdigt worden, obwohl schon sein schöner Rücken sowie auch die von ihm gezogene Last einiges Entzücken verdient hätte. ”Das Sesterpferd heißt Sesterpferd, weil’s in der Südstadt sich verfährt” vermag in diesem Zusammenhang noch nicht völlig zu befriedigen.

Trotz der offensichtlichen rechtlichen Bevorzugung der Kuh kann das Gericht der Beklagten nicht empfehlen, ihr Fuhrwerk auf den Kuhbetrieb umzustellen. ... Schließlich sprechen auch einige Bedenken gegen die Verkehrstauglichkeit des Rindviehs insgesamt. Einmal bleibt ein Ochse vor jedem Berge stehen. Er weist zwar weiter mehr als die erforderliche Zahl von ”Einrichtungen für Schallzeichen” auf. Er besitzt nämlich zwei Hupen bzw. Hörner. Diese sind jedoch nicht funktonstüchtig:

Ein jeder Stier hat oben vorn
auf jeder Seite je ein Horn;
doch ist es ihm nicht zuzumuten
auf so ‘nem Horn auch noch zu tuten.
Nicht drum, weil er nicht tuten kann,
nein, er kommt mit dem Maul nicht dran”.

Daher ist kein echtes Bedürfnis erkennbar, das Rindvieh im Straßenverkehr zu vermehren. Die Einführung einer allgemeinen Betriebserlaubnis für Kühe ist daher weder vom Bundesminister für Verkehr noch vom Bundesminister für Ernährung, landwirtschaft und Forsten ernsthaft in Erwägung gezogen worden, obwohl letzterem selbst seine Gegner ein negatives Verhältnis zu Ochsen und Kühen nicht nachsagen können.

Der vorliegende Fall beweist auch, daß die Pferde der Beklagten trotz ihrer äußerlich robusten Statur innerlich nicht einer gewissen Sanftmut im Verkehr entbehren. Sie sind nämlich mit dem Auto der Klägerin einigermaßen zartfüßig umgegangen. Das Ergebnis ihrer Beinarbeit ist jedenfalls nach den Erfahrungen des Gerichts relativ preisgünstig ausgefallen.

Rechtlich bestehen also letztlich keine durchgreifenden Bedenken dagegen, daß die Pferde der Beklagten, wenn auch offenbar weniger von Ben Hur oder gar vom Teufel gelenkt als von ihrer eigenen Erfahrung, weiterhin ihre Touren durch die Kölner Stadtteile ziehen. Wenn sie dabei ab und zu ein Auto eintreten, so erfreuen sie sich vielleicht gerade dadurch der Sympathie bestimmter Wählerschichten. Für die übrige Bevölkerung wird solches Verhalten neben einer alsbaldigen Zahlung des Schadens durch die Beklagte insbesondere dadurch aufgewogen, daß die Pferde sehr umweltfreundlich sind. Das beweist schon die Tatsache, daß selbst die derzeitige Bundesregierung die Einführung eines Abgas-Katalysators für Pferde nicht in Erwägung zieht. Sie hätte auch ökologisch wie ernährungspolitisch nur das unerwünschte Ergebnis, daß unsere Möschen (Spatzen) noch mehr als bisher auf manche warme Mahlzeit verzichten müßten.

(....)

Zusammenfassend ließe sich sagen:

Es war ein Mond nach Sylvester,
da stapften die Pferde vom Sester
verwirrt durch des Kutschers Menkenke
im Süden von Schänke zu Schänke:
der trank nämlich Kaffe statt Sester.
Der Regen ward zwischendurch immer fester,
die Pferdehaut folglich durchnäßter,
weshalb dann ein Pferd mit der Pfoten
ein Auto, das dastand, getroten.
Wer ruft da: Tritt fester, mein Bester!?

Um das Urteil formaljuristisch abzurunden, sei darauf hingewiesen, daß die Nebeneintscheidungen auf den § 291 BGB, §§ 91 und 709 ZPO beruhen, falls dies noch jemand ernsthaft interessiert.”

Soweit die wörtlichen Zitate aus dem Urteil


Quelle: www.ra-janetz.de
"Heitere Justiz"

Peppel
registriert

Beiträge:


 

Gesendet: 15:07 - 30.10.2003

HIHI, finde ich gut.. ,mal etwas nicht so trauriges...

Netty
Stefanie
Moderator

Beiträge: 4377


 

Gesendet: 15:26 - 30.10.2003

So isses !
Charly
registriert

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Gesendet: 19:02 - 30.10.2003


Seh ich auch so gg

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