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Autor Mitteilung
Stefanie
Moderator

Beiträge: 4377


Gesendet: 11:27 - 03.04.2003

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung

KERSTIN BECKMANN, LEEGEBRUCH/KUIGATSI

Andere Länder, andere Sitten. Dieser abgedroschene Spruch gilt leider auch für Tatsachen, die unangenehm unter die Haut gehen: "Gemeinnutz und ehrenamtliches Engagement kennt in Estland kaum jemand."
Diese bittere Enttäuschung musste die Westdeutsche Ute Wohlrab in Kauf nehmen, als sie nach einigen Ferienerlebnissen vor mehr als acht Jahren den festen Entschluss fasste, in die ferne baltische Republik überzusiedeln.Arbeiten von früh bis spät.
Wer die zierliche Frau erblickt, mag kaum glauben, welch strapaziöse Arbeiten sie jeden Tag vom ersten Sonnenstrahl an bis tief in die Nacht auf sich nimmt - im Namen der Tierliebe: Mit Beharrlichkeit und einem Höchstmaß an Idealismus bewahrt die Deutsche noch gesunde Tori-Pferde vor dem sicheren Tod durch den Schlachttransport nach Italien. Dass die im 19. Jahrhundert als Kutsch- und Kavalleriepferde eingeführten Toris, Nachkommen des Stammvaters Hetman, heute eine aussterbende Rasse bilden, ist da nicht von Belang.
Eine weitere Erfahrung, die Ute Wohlrab mit anderen Sitten Estlands machen musste, ist der respektlose Umgang mit Tieren. "Hunde liegen an der Kette, die Kühe sind im Sommer ohne Schatten oder ausreichend Wasser angepflockt, Pferde werden in den Tourismusbetrieben regelrecht verheizt und misshandelt", erzählt die Züchterin, die zu viel miterlebt hat, um noch schockiert zu sein.Bei der Entscheidung der Tierhalter, ihre Pferde einfach an die Schlachtindustrie zu verschachern, spielt nach Ute Wohlrabs Einschätzung der historische Hintergrund eine nicht zu unterschätzende Rolle: Der Zusammenbruch des Sowjetimperiums hatte die Reprivatisierung der Kolchosen und Großbetriebe nach sich gezogen. "Viele Landwirte nahmen damals ein Pferd, ohne zu wissen, ob sich ihre romantischen Träume je realisieren lassen würden."Heute müssen viele Esten ihre Höfe, die Pferdebetriebe ihren Überlebenskampf aufgeben, weil die EU-Bestimmungen langsam zu greifen beginnen und jeder "Fresser" nun einer zu viel ist. Der Schlachttransport nach Italien dagegen winkt in dieser Notlage mit der Aussicht auf viel Geld: Ganze 500 Euro pro Tier.Gequälte Pferde erholen sich bei ihr. 15 Toris - darunter drei lizenzierte Deckhengste, vier tragende Zuchtstuten und drei Jungpferde - leben heute auf dem von ihr restaurierten Hof Hargo Talu unter der liebevollen Fürsorge von Ute Wohlrab und in der einzigen artgerechten Offenstallhaltung in ganz Estland.
Doch auch die ehrenamtliche Arbeit der Wahlestin funktioniert nicht ohne helfende Hände. Einer ihrer Mitstreiter ist Martin Brietzke, Mitglied des Hennigsdorfer Aquarianer-Vereins "Biotop 69". Durch einige Estland-Aufenthalte und einen Bericht des N3-Ostseereports erfuhr der Leegebrucher von der mittlerweile im Land vielbeachteten "Pferdeflüsterin" im südestnischen Kuigatsi und wollte ihr gemeinsam mit den Vereinskollegen unter die Arme greifen. "Anfangs schien es uns kaum nachvollziehbar, warum es eine junge Frau ausgerechnet nach Estland verschlägt. Der erste Gedanke: Das kann nur so eine Ökotante sein, die den Osten bekehren will."Doch dann lernte Brietzke die 33-Jährige persönlich kennen und war schlichtweg beeindruckt: "Mit welchem Mut und Enthusiasmus sie für ihr Projekt kämpft - ich freue mich, dass es so etwas noch gibt. Diese Harmonie zwischen Mensch und Tier habe ich selten gesehen. Aber wie wir von ihr gelernt haben: Ein Pferd ist auch nur ein Mensch", schmunzelt der Leegebrucher.
Fast jedes Jahr fährt Martin Brietzke mit seiner Frau die 1400 km nach Südestland, um gesammelte Sachspenden zu überreichen. Mit Hilfe der Germendorfer Tischlerei Rolle konnte im Nebengebäude, dem zukünftigen Gästehaus, ein Fenster eingebaut und Elektrik installiert werden.

Ute Wohlrab freut sich über die Hilfe aus Deutschland - "vor allem, wenn es mal wieder menschlich schwierig wird". Zum Beispiel bei dem Skandal, der mit dem Verkauf zweier Fohlen und einer dressurberittenen Stute nach Deutschland auf die Züchterin zukam: "Die Tiere gingen an die erste Vorsitzende der SOS-Pferdehilfe und wurden bis heute nicht bezahlt."Nach der Hinzuziehung eines Anwalts wurde nicht nur Ute Wohlrab bedroht, sondern auch ihre Familie in Deutschland. Einmal inspizierte Martin Brietzke unter einem Vorwand die neue Unterkunft der drei verlorenen Toris. "Dort herrschen erschütternde Haltungsbedingungen", berichtete er der besorgten Ute Wohlrab. Das Tragische: Wie alle anderen geschundenen Pferde hatten auch die drei verkauften erst auf Hargo Talu gelernt, einem Menschen zu vertrauen, hatten gerade eben erst ein schönes Leben kennen gelernt. Nun wartet die Deutsche auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts. "Ich hoffe, wenigstens Recht zu bekommen. So schmerzhaft es ist: Die Tiere könnte ich nach solcher Haltung und Aufzucht gar nicht mehr zurücknehmen."

Aber wenn bei Arbeitsbeginn um neun Uhr früh die gleißende Sonne über den eiskristallbedeckten Bäumen von Hargo Talu steht und der glückliche Blick ihrer übrigen Toris sie in den Offenställen empfängt, weiß die Pferdenärrin, für wen sie sich den ganzen Tag über ins Zeug legen wird.

Weitere Infos zu Hargo Talu, den Toris sowie Spenden- und Besuchsmöglichkeiten: http://www.hargo-talu.de
Stefanie
Moderator

Beiträge: 4377


 

Gesendet: 17:17 - 03.04.2003

Wunderschöne Pferde!

Es lohnt sich, die hp anzuschauen!
Wer Hilfe -ganz gleich welcher Form- anbieten kann, sollte das tun!

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