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Autor Mitteilung
Hans-Dominik Schwabl
Mitglied

Beiträge: 120


 

Gesendet: 22:21 - 17.08.2004

@Christian
Bravo! Besser kann man es nicht ausdrücken.
Roy Batty
Mitglied

Beiträge: 133


 

Gesendet: 19:45 - 18.08.2004

@ PeterBerlin

Etwas wegweisendes -für mich jedenfalls- hat sich im Fall Dresden ereignet, ich selbst habe einen großen Irrtum einzugestehen; du hast übrigens Post.
Cuypers
Mitglied

Beiträge: 110


 

Gesendet: 11:04 - 03.09.2004

3. September 2004, 08:52, Neue Zürcher Zeitung


Fragment der Moderne
Die Prager Strasse in Dresden kämpft um ihre Zukunft
Vor wenigen Wochen erst wurde unter grosser öffentlicher Anteilnahme die Turmspitze auf die neu erstandene Dresdner Frauenkirche gesetzt. Derweil schaut nur einige hundert Meter weiter Richtung Hauptbahnhof ein Wahrzeichen der DDR-Moderne einer ungewissen Zukunft entgegen. Es handelt sich dabei um die Prager Strasse.


Die Vorlieben sind in Dresden eindeutig verteilt. Alle Leidenschaft gebührt der Architektur aus der Zeit vor 1900 - egal ob echt oder nachempfunden. Die Zeugnisse der Moderne, zumal aus der Zeit der DDR, haben dagegen einen schweren Stand. Und so richtete sich kürzlich die ganze Aufmerksamkeit von Öffentlichkeit und Medien einmal mehr auf die allmählich der Vollendung entgegengehende Rekonstruktion der Frauenkirche, die ihre goldglänzende Turmspitze erhielt, während unweit davon die Prager Strasse Stück für Stück ihr architektonisches Erscheinungsbild verändert. Es ist ein Niedergang in Etappen, der sich dort vollzieht, und ob er langfristig zu stoppen ist, erscheint fraglich. Dabei gilt die Prager Strasse, die die kürzeste Verbindung zwischen dem Hauptbahnhof und der Altstadt darstellt, unter Architekturhistorikern nicht allein als ein Meisterwerk der sozialistischen Stadtbaukunst der Nachkriegsmoderne. Sie wird auch in einem Atemzug mit anderen bedeutenden europäischen Projekten wie der Lijnbaan in Rotterdam genannt, die freilich noch ein Jahrzehnt älter ist. Geliebt wird die Prager Strasse dennoch nicht. Und natürlich steht sie noch immer nicht unter Denkmalschutz.

Monumentale Achse
Bis zu ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg säumten gründerzeitliche Geschäfts- und Wohnhäuser die im 19. Jahrhundert im Rahmen der Dresdner Stadterweiterung angelegte Strasse. Diese Nutzungsmischung wurde beim Wiederaufbau in den sechziger Jahren übernommen. Doch von einst 17 Metern wuchs die Strassenbreite auf monumentale 60 Meter an. Mit den neuen Abmessungen ging auch ein neues architektonisches Gepräge im Stil der internationalen Moderne einher. Flache Pavillonbauten flankieren den breiten Boulevard, während auf der einen Seite eine Reihe von quer dazu errichteten Hotels Höhendominanten bilden. Ihnen antwortet auf der anderen Seite ein 240 Meter langer Wohnriegel, der eine gewisse Ähnlichkeit mit Le Corbusiers Unité d'habitation aufweist. Den Endpunkt der Prager Strasse aber bilden zwei Solitäre: das Rundkino und das Centrum-Kaufhaus. Doch nach dem Bau eines neuen Multiplex-Kinos durch Coop Himmelb(l)au gleich nebenan hat das Rundkino seine ursprüngliche Funktion verloren, während das von den Ungarn Ference Simon und Ivan Fokvari in den siebziger Jahren errichtete Warenhaus noch immer seiner ursprünglichen Funktion dient - wenngleich längst mit neuem Nutzer. Und mit seiner plastisch durchgebildeten Fassade aus Aluminiumwaben weiss es dabei weit mehr zu faszinieren als der überambitionierte dekonstruktivistische Kinoneubau aus den neunziger Jahren.

Verantwortlich für das Projekt Prager Strasse, das in zwei Bauabschnitten zwischen 1965 und 1978 entstand, zeichnete ein Kollektiv aus Architekten und Stadtplanern, dem Peter Sniegon, Hans Konrad und Kurt Röthig angehörten. Doch vollständig fertig gestellt wurde die Strasse nie. Es fehlte die Anbindung an den Altmarkt, der im Stil der nationalen Tradition bereits in den fünfziger Jahren wieder aufgebaut worden war.

Blumengruss
Wer den Dresdner Hauptbahnhof in Richtung Innenstadt verliess, vor dem öffnete sich früher die Weite des Wiener Platzes. Mit Raum, so schien es, wurde hier verschwenderisch umgegangen. Am Ende des Platzes breitete eine stämmige junge Frau auf dem Wandbild «Dresden grüsst seine Gäste» die Arme zum Empfang. In der rechten Hand hielt sie den immergleichen Blumenstrauss - eine freundliche Geste des Willkommens, die heute fehlt. Stattdessen gleicht der Wiener Platz seit Jahren einer gewaltigen Baugrube, der nun endlich nach und nach Betonberge entwachsen. Nach einigem Suchen entdeckt man die Frau wieder. Statt auf den Platz schaut sie heute auf eine gelbliche Terrakotta-Wand, versteckt hinter einem Neubau aus den neunziger Jahren, durch den der weite Platz verdichtet wurde. Denn seit der Wende prägt auch in Dresden das Leitbild der dicht bebauten «europäischen Stadt» den architektonischen Diskurs. Für die aufgelockerte Stadt der Moderne bleibt da wenig Raum. Doch anstelle der erwünschten städtischen Dichte ist vor dem Wandbild eine öde Hinterhofsituation entstanden.

Diese Verdichtung stellt keinen Einzelfall dar, doch es gibt hier auch Sehenswertes zu entdecken: etwa das Hotel Newa, ein Scheibenhochhaus, das zusammen mit dem Wandbild den Eingang zur Prager Strasse markiert. Inzwischen hat das Hotel seine kleinteilige Fassadenstruktur gegen eine flächige Verglasung eingetauscht, die sich in das Erscheinungsbild eines Gebäudes im Stil der internationalen Moderne fügt. Und die Hotelgäste erhalten durch die grossen Glasfronten der Zimmer einen Blick auf Dresden - der aus den oberen Geschossen sogar bis zur Frauenkirche reicht. Weit weniger glücklich sieht hingegen die Entwicklung der Ladenzeilen aus, welche die drei anderen Hotelscheiben miteinander verbinden. Neu erstellt oder umgebaut, liegen die Läden allzu massig zwischen den Hochhäusern. Doch trotz den architektonischen Veränderungen sucht man hier vergebens attraktive Geschäfte. Stattdessen dominieren Würstchenbuden das Bild. Die sächsische Kaufkraft konzentriert sich im ECE-Shoppingcenter am Altmarkt. Da bleibt für die Prager Strasse nicht viel übrig, und die freistehenden Pavillons, die dem Wohnriegel vorgelagert sind, stehen ohnehin grösstenteils leer und bieten ein trostloses Bild fortschreitenden Verfalls. Schliesslich erweist sich auch der Wohnriegel als ein Problem: Das lange Gebäude ist sanierungsbedürftig, seine standardisierten Wohnungsgrundrisse sind zu klein, aber aufgrund der Mischkonstruktion aus Ortbeton und Plattenbau nur schwer zu verändern. Gleichwohl gibt es Entwürfe, den Bau attraktiver zu machen. Doch die kosten Geld, und das ist inzwischen auch in Dresden knapp.

Verdichtung statt Veredelung
Im oberen Abschnitt wurde der Boulevard durch den Bau von Kaufhäusern im Sandstein- Schick der neunziger Jahre auf seine ursprüngliche Breite zurückgeführt. Mit fataler Konsequenz. Denn nun ist der Solitär des Rundkinos - wie das Wandbild am Eingang zur Prager Strasse - in einer Hinterhofsituation gefangen, die Sichtbeziehung zum Kaufhaus ist zerstört. Auf Befreiung ist hier nicht mehr zu hoffen. So zerfällt heute das einst so stolze Ensemble in die - schmale - Prager Strasse und den breiten «Prager Platz». Immerhin bleiben dort bei der gegenwärtigen Umgestaltung des Aussenraums die abstrakten Brunnenskulpturen der Pusteblumen und Fliegenpilze erhalten, die in neue Wasserbecken versetzt werden.

Dennoch vermisst der Architekturhistoriker Werner Durth in einer jüngst von der Sächsischen Akademie der Künste herausgegebenen Publikation zur Prager Strasse zu Recht eine «sorgsame Patenschaft» im Umgang mit dem Boulevard, und auch die «Bauwelt» zeigte sich jüngst in einem Sonderheft (11/04; 19. 3. 04) kritisch. In Dresden ruhen die Augen seit der Wende so sehr auf dem verlorenen Bauerbe des Barock, dass der Blick für die Bedeutung der Architektur der Nachkriegsmoderne verstellt wurde. Und so wundert es kaum, dass mittlerweile sogar der historisierende Umbau des Kulturpalastes am Altmarkt durch die «Sachsenbau» nach einem Entwurf von Hans Kollhoff diskutiert wird. Doch dessen Retro-Konzept ist in Dresden heftig umstritten. Sogar eine Bürgerinitiative hat sich gebildet, die für den Erhalt des Kulturpalastes in seinem ursprünglichen Erscheinungsbild eintritt.

Es erscheint müssig, darüber zu streiten, ob die Prager Strasse heute besser dastünde, hätte die sächsische Denkmalpflege unter ihrem damaligen Landeskonservator Gerhard Glaser bereits zu Beginn der neunziger Jahre den Denkmalwert des Boulevards erkannt und Massnahmen zu dessen Schutz ergriffen. Inzwischen ist es höchste Zeit, will man die Strasse retten. Doch auch nach etlichen Wettbewerben und Diskussionen besteht noch eine kleine Chance «zur Weiterentwicklung des faszinierenden modernen Konzepts» Prager Strasse, so der Architekturhistoriker Thomas Topfstedt. Sie muss in Dresdner nur politisch auch gewollt werden.

Jürgen Tietz

Ein_Hannoveraner
Stammgast

Beiträge: 65


 

Gesendet: 11:32 - 03.09.2004

Die Schweizer haben gut Reden. Die haben ja keine kriegszerstörte und gefühllos wiederaufgebaute Innenstädte, höchstens durch zuviel Geld und Übermut verschandelte. Ich hatte letztes Jahr Besuch aus Zürich in Hannover, der ernsthaft gefragt hat, warum die Innenstadt von Hannover so modern und, in seinen Augen schlimm aussieht. Das ganze Thema Kriegszerstörungen durch Luftangriffe war ihm im dem Außmaß völlig neu. Er dachte, es hätte sich auf Berlin und Dresden beschränkt...
Roy Batty
Mitglied

Beiträge: 133


 

Gesendet: 16:59 - 03.09.2004

Dazu kann ich nur sagen, daß ich in vielen Vorlesungen über moderne europäische Architektur die Schweizer Variante als die wohl schlimmste und trostloseste kennenlernen durfte. Und ausgerechnet dieses "Vorbild der Radical simplicity" wird an der Uni hochgehalten.


Übrigens muß ich sagen, daß es mit fürchterlich egal ist, was mit der Prager jetzt passiert. Die öffentliche Entwertung dieses Stadtraums ist wohlverdiente Konsequenz.
Und dieser Schweizer Mensch; ich frage mich, ob er die so "weltberühmte" Lijnbaan der Fünfziger überhaupt schon mal gesehen hat...
Es gibt selten erschütternderes als dieses Denkmal der Moderne.
PeterBerlin
Bronzenes Premium-Mitglied

Beiträge: 584


 

Gesendet: 18:04 - 03.09.2004

Oh jee, so viele Beiträge, wo soll ich zuerst antworten.

@Schoesler
Alles südlich der Wildsdruffer Strasse in Dresden in der City, und alles östlich des Pirnaischen Platzes kannst du vergessen - im Osten ist es am Schlimmsten, bis hin zur Fetscherstrasse etwa sind das GEgenden, die ich "Todeslandschaften" nenne: Brutalstische Bauten, kein Leben, nichts. Das einzige was hier lebt ist dsa bischen Grün dazwischen. Der Harmonikus hats gut beantworte, auch wenn er keen Beeder is. Am Schlimsmten finde ich die Freiberger Strasse. Dies ist eine Strasse, die von der Funktion her eine großstädtische Hauptstrasse sein müsste, mit Leben, Geschäften, etc. Es gibt dort aber nur leblose Bunker, und ich wohnte dort eine Woche, und stell dir vor: In dieser City-Strasse (!) traf ich tagsüber (!) fast nie einen einzigen Menschen...ist das nicht bedenklich? Die Dresdner Innenstadt (plus Innenstadtnahe GEbiete wie Friedrichstadt, Johannstadt, Südvorstadt etc.) kenn ich inzwischen so gut, dass ich überall ohne Plan hinlaufen kann. Ich darf mir daher ein Urteil erlauben, und muss leider sagen: Diese Dresdner Innenstadt ist das erschütternste Ergebnis verbrecherischer und inhumaner "Stadtplanung", das ich kenne. Wenn man dies einem Architekten sagt, kommt natürlich sofort "ja aber vorher, die alten Tuberkolose-Gassen und überhaupt.." doch gäbe es heute Gassen, es gäbe dort bestimmt keine Tbc mehr. Es sind m.E. nur Ausreden für schwere Fehler, eigentlich Verbrechen, die man sich nicht eingestehen will.

@Roy Batty
Na, dann lass uns deinen Irttum doch mal öffentlich diskutieren. Danke für die Bost, hab'sch schon gelesene. Du hast awer jetz ooch welsche.

@Christian
Das ist tatsächlich genial ausgedrückt, und ich stimme dir absolut zu. Dort mag es ruhig zum Wohnen sein, aber ich fühle mich in diesern Vierteln nicht wohl (habe dort eine kurze Weile gewohnt). Diese Viertel sind tatsächlich unurbana, und eigentlich nicht menschengerecht.
PeterBerlin
Bronzenes Premium-Mitglied

Beiträge: 584


 

Gesendet: 18:12 - 03.09.2004

PS
Noch was zu den Schweizern:
Das fiel mir schon häufig auf, dass die leidenschaftlichen Pro-Brutalismus-Tiraden immer von Leuten kommen, die in Wien, in München und in der Schweiz hocken - also durch die Bank weg in idyllischen, unzerstörten (Bzw. gut rekonstruierten) Orten; auch wenn das im Fall München aufgrund der dortigen Entwicklung vermutlich bald abnehmen wird.

Gerade aber aus der Schweiz finde ihc solche pseudo-wissenschaftlichen Beiträge mehr als peinlich; es erinnert mich an Stammtische, bei denen aggressive Forderungen über Themen geäußert werden, von denen die Forderer keine Ahnung haben. Bsp Zaha Hadid, mischt sihc in die Schloss-Debatte in Berlin ein, und es stellt sich heraus: Sie war in ihrem ganzen Leben kein noch einziges mal in Berlin...

Aber zurück zu den Schweizern: Auffällig ist auch hier, dass die dortigen selbsternannten "Intellektuellen" besonders heftig deutsche Rekonstruktionen und New-Urbanism Strömungen zerreißen, aber offensichtlihc nicht wissen, dass Deutsche Städte wie nur wenig andere in Europa (Warschau, Coventry etc.) dem Boden gleichgemacht wurden. Und dass gerade dort die tristeste aller VErsionen der "Moderne" praktiziert wird (Jeanneret war SChweizer!), zeigt sich an am Beispiel eines Schweizer Architekturprofessoren. Er sagte vor wenigen Jahren (und das ist kein Witz) :

"Meine Schüler entwerfen jetzt das neueste was es gibt - einfache Kisten". Das muss in den 90ern gewesen sein, und ich kann dazu nur sagen: Einfache Kisten - WOW! Das ist ja endlich mal etwas wirklich Neues....
Philipp
Mitglied

Beiträge: 168


 

Gesendet: 19:36 - 03.09.2004

Thomas Topfstedt

Das ist einer von denen, die in Leipzig für Abriß der Paulinerkirche und des Augusteums waren, um unter der SED Karriere machen zu können. Heute ist er immer noch an der UNI beschäftigt und hat erfolgreich mitgeholfen, eine Rekonstruktion zu verhindern. Gegen die Gebrüder Koch (Studentenprotest 1968 - "Wir fordern Wiederaufbau" - anschließender Gefängnisaufenthalt, allerdings ohne Premiere-Anschluß) hat er immer wieder auf unerträgliche Weise polemisiert. Von dem sollte man besser nichts zitieren.
PeterBerlin
Bronzenes Premium-Mitglied

Beiträge: 584


 

Gesendet: 20:01 - 03.09.2004

Welches Zitat meinst du, Philipp? Meines stammt von einem Schweizer, nicht von einem DDR Bürger.
Philipp
Mitglied

Beiträge: 168


 

Gesendet: 20:04 - 03.09.2004

Dich meine ich auch nicht, Peter, sondern die Neue Züricher Zeitung, gepostet von Cuypers. Schau` doch weiter oben.

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