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Autor Mitteilung
anna
Großherzogin

Beiträge: 205


 

Gesendet: 18:57 - 28.05.2007

hallo,
auf elisabeths neigung zum spiritismus wurde-sofern ich es nicht überlesen habe-noch nicht näher eingegangen,weshalb ich gerne wissen würde,ob ihr "wisst",warum sich sisi urplötzlich mit dem glauben so verbunden fühlte?gibt es ein besonderes ereignis,was ihr für den möglichen auslöser haltet?oder wollte sisi nur den hof und vor allem ihr schwiegermutter brüskieren?freue mich auf antworten-anna
SchwarzeMoewe
Gräfin

Beiträge: 67


 

Gesendet: 20:45 - 28.05.2007

Elisabeth interessierte sich ja grundsätzlich gerne für Dinge, mit denen sie provozieren oder gegen den Strom und die "Normalität" schwimmen konnte. Außerdem war sie menschenscheu und des Lebens und ihrer Zeitgenossen irgendwann ziemlich überdrüssig, so daß sie sich lieber mit den Toten beschäftigte. Gerade auch, nachdem so viele liebe Menschen, die E. einigermaßen verstanden haben von ihr gegangen sind (ihr Vater, Ludwig II, Rudolf,...) Und mit Heine fühlte sie sich ja auch seelenverwandt. Ich lese z.B. gerade die Elisabeth-Biographie von Conte Corti und habe eine ganz interessant Textpassage dazu gefunden:

...als sie plötzlich im Bette deutlich und scharf gezeichnet das Profil des Dichters vor sich sieht, wie es ihr aus den Bildern bekannnt ist. Dabei hat sie eine merkwürdige, angenehme Empfindung, als wollte diese Seele die ihrige aus dem Körper losringen. "Der Kampf dauerte einige Sekunden" schildert Elisabeth dies ihrer Tochter,"aber Jehova gestattete der Seele nicht, den Körper zu verlassen. Die Erscheinung verschwand und ließ mir trotz der Enttäuschung des Weiterlebens eine beglückende Befestigung im zuweilen schwankenden Glauben, eine größere Liebe zu Jehova und die Überzeugung zurück, daß der Umgang von Heines Seele und der meinen von ihm gestattet sei."
Auf eine ungläubige Bemerkung Valeriens versicherte Elisabeth, sie könne jeden Schwur leisten, daß all dies wahr sei und daß sie die Erscheinung vollkommen wachend und mit ihren eigenen Augen vor sich gesehen.

Ich denke mal, es war ihr einfach auch eine Art Halt u. Kraft, wenn ihr im Leben mal wieder alles zuwider war, auf diese Art mit den Toten verbunden zu sein und für eine gewisse Zeit ins Totenreich einzutauchen.

Liebe Grüße
Schwarze Möwe
Bea
Herzogin

Beiträge: 112


 

Gesendet: 13:14 - 29.05.2007

Dass es sie zufrieden macht, mit den Toten Kontakt aufnehmen zu können, hat sie selbst gesagt. Außerdem ist sie ja extra in die Kapuzinergruft gegangen, um nach Rudolf zu suchen.
Marie Valerie, die auch von einer heftigen Frömmigkeit war, bemerkte, dass ihre Mutter nicht mit einem kindlichen Selbstverständnis glaubte, sondern eher an den den Gott der Rache. Zitat: O ja, an Gott glaube ich -- so viel Unglück und Leiden kann nicht durch blossen Zufall entstehen. Er ist mächtig, erschreckend mächtig und grausam -- aber ich klage nicht mehr. Zitatende. Übrigens zu lesen im Valerie-Tagebuch, Eintrag vom 12. Mai 1898 - bea
Azwang
Herzogin

Beiträge: 117


 

Gesendet: 15:46 - 31.05.2007

Meiner Meinung nach war Elisabeth glaeubig, jedoch nicht den Dogmen der katholischen Kirche verhaftet. Marie Valerie merkt in ihrem Tagebuch an, dass "Mama nur noch deistisch" sei. Als Repraesentantin eines katholischen Reichs musste sie allerdings gewisse Regeln beachten, wenn auch sie sich mit zunehmendem Alter traute, sich mehr und mehr von diesem Zwang zu befreien. Besuch von Messen, diverse Spenden an Kirchen, Orden etc. gehoerten dazu sowie eine Kapelle in jeder ihrer Wohnstaetten. Schliesslich musste dafuer gesorgt werden, dass ihre Begleitung die Moeglichkeit zum Beten und Messebesuch in einem katholisch geweihten Sakralraum hat.
Nach dem rationalistischen 18. Jahrhundert folgte das froemmlerische 19., in dem die Grenzen zwischen Glaube und Aberglaube verschwommen waren, daher der Anhaenger mit Psalm und spiritistische Sitzungen.

In Ausnahmesituationen benutzt man oft das Gewohnte, Althergebrachte, wenn man sich auch innerlich nicht (mehr) damit identifiziert. Ich bin Agnostikerin, habe aber trotzdem fuer meine katholischen Vorfahren nach dem Umbetten in eine neue Gruft eine Messe lesen lassen und sogar daran teilgenommen, nur aus dem Gefuehl heraus, sie haetten es auch so getan. Habe aber nicht komuniziert, dass erschiene mir als Sakrileg. Stalin, der ehemalige Pristerseminar-Zoegling, betete vor jeder wichtigen Entscheidung. Also man haelt an bestimmten Ritualen fest, die einem Halt geben, obwohl man nicht mehr an sie glaubt.

Was mich in diesem Zusammenhang eher verwundert ist die Bigotterie Marie Valeries. Sicher, ihre Religiositaet liess sie wohltaetig wirken, andererseits finde ich ihre Kontakte zu Pater Abel und die Bemuehungen Franz Josephs Entscheidungen im Sinne der katholischen Kirche zu beieinflussen, abscheulich.
Bea
Herzogin

Beiträge: 112


 

Gesendet: 16:47 - 31.05.2007

Azwang mit Marie Valerie hast du recht. Sie beschreibt ja auch in ihrem Tagebuch ihre Exerzitien etc. Aber war an ihrer Frömmlerei nicht auch ihr Mann schuld, dem sie anfangs zu wenig gläubig war? Und vor Pater Abel hatte sie ja schon eine Beichtmutter in Mere Meyer -- zu der aber auch Elisabeth ging.
Im Endeffekt stimmt es wohl was Elisabeth selbst gesagt hat: Rudolf hat meinen Glauben totgeschossen. Denn vorher war sie zwar auch viel unterwegs, aber sie hat beispielsweise den Gebetsstock für die Valerie gestiftet, oder Dankmessen lesen lassen etc.
Azwang
Herzogin

Beiträge: 117


 

Gesendet: 10:02 - 01.06.2007

So wie Marie Valerie die Tatsachen in ihrem Tagebuch darlegt, war ihr Mann schon als ihr Verlobter die Triebfeder ihrer Zuwendung zum dogmatischen Katholizismus sowie etwas spaeter der christ-sozialen Bewegung. Mere Meyers Einfluss wird nicht so ueberragend gewesen sein, wie der des Jesuiten und populistischen Predigers Heinrich Abel. Mere Meyer wird kaum politische Ambitionen gehabt haben, ich denke, dass sie sich auf Ratschlaege im Privatbereich beschraenkte und dagegen ist nichts einzuwenden. Mit Pater Abel verhielt es sich dagegen ganz anders.

Franz Salvator bewirkte auch Marie Valeries Wandel hinsichtlich der Beziehung Franz Joseph-Katharina Schratt. Die anfaengliche Sympathie der Erzherzogin zu der Schauspielerin wechselte in tiefe Abneigung. Franz Salvator bzw. seine Familie stoerten vordergruendig die Geruechte um die Beziehung ("ueber den Kaiser spricht man nicht"). Pater Abel trug dann dazu bei, dass neben dem "sittlichen" Aspekt auch noch politische Bedenken hinzukamen. Ihm war Schratts liberale Haltung und insbesondere ihre privaten Kontakte zu Liberalen, Freisinnigen und Juden ein Dorn im Auge.
Bea
Herzogin

Beiträge: 112


 

Gesendet: 13:06 - 01.06.2007

Genau. Und ging die Abneigung MVs zur Schratt nicht so weit, dass man, wenn wichtige Entscheidungen anstanden, für ein paar Tage die Valerie kommen ließ, dann blieb die Schratt dem Hof fern.
Obwohl ich ja denke, dass Marie Valerie benutzt wurde.
Azwang
Herzogin

Beiträge: 117


 

Gesendet: 14:49 - 05.06.2007

Sicherlich wurde Marie Valerie von der Kirche und den klerikalen Teilen
der Hofkamarilla (das war bestimmt die ueberwaeltigende Mehrheit) benutzt
und u.a. gegen die Schratt ausgespielt. Sie liess es zu in ihrer blinden
Anhaenglichkeit an das christlich-soziale Gedankengut. Die Schratt haette
man auch gerne benutzt, nur hat es bei ihr nicht funktioniert.

Als klar wurde, dass es ohne sie nicht geht, ich spiele jetzt auf die
Zeit kurz nach Elisabeths Tod an, waehrend der sich Katharina Schratt,
die nicht mehr als die Freundin der Kaiserin auftreten konnte, in ihrer
Stellung verunsichert und gekraenkt fuehlte und sich deshalb vom Franz
Joseph voellig zurueckzog, trachteten Gisela und Mathilde Trani den Ruf
der Schauspielerin als Anhaengerin liberaler Ideen etwas abzuschwaechen,
indem sie versuchten sie in klerikale Kreise einzufuehren und dadurch
dem Wiener Hof etwas annehmbarer zu machen. Mathilde reiste gemeinsam
der Schratt nach Rom, quasi als eine Art Pilgerreise zum Abschluss des
Heiligen Jahres 1900. Beide suchten um eine Audienz beim Papst an, die
nach laengerem hin und her (der Papst glaubte zuerst ernsthaft den in Wien
kursierenden Geruechten, Katharina Schratt wolle ihn um die Annullierung
der laengst getrennten Ehe mit Nikolaus Kiss von Itebe bitten) zustandekam.
Also war die Schratt durchaus bereit sich als gute Katholikin zu zeigen,
aber damit endete die Sache auch schon wieder.

Es ist schon seltsam, einerseis zog Valerie weit weg von Wien, um ihre
Kinder vor dem Hof zu schuetzen, andererseits liess sie sich in den Sog
anderer Intriganten hineinziehen. Aber sie war bei weitem nicht so
welterfahren wie Katharina Schratt und letztlich auch nicht so loyal.

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