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Autor Mitteilung
Jürgen
Senior-Mitglied

Beiträge: 370


 

Gesendet: 16:11 - 05.09.2004

Hallo zusammen,

derzeit findet in Nürnberg eine Debatte über die Ästhetik des Hauptmarkts statt. Vor allem Geschäftsleute in unmittelbarer Umgebung klagen über dessen äußeres Erscheinungsbild und die damit verbundenen Umsatzeinbussen, v.a. am Abend. Es sei kein Flair vorhanden, das zum Verweilen einlädt, kein Leben; der Platz wirke Abends wie tot, äußern sich viele Befragte.

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Ehemals als die „gute Stube“ Nürnbergs bezeichnet, als Mittelpunkt einer Stadt, die sich wie keine zweite in Europa ihr mittelalterliches Gesicht über 500 Jahre bewahrt hatte, darbt der Platz seit seinem provisorischen Wiederaufbau nun fast 60 Jahre in Ödnis dahin.

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Nach 1945 - wie fast die gesamte Stadt völlig zerstört - versuchte man beim Wiederaufbau zu retten, was zu retten war: Man respektierte die alten Parzellengrundrisse, glich die neuen Dachneigungen den jahrhundertealten Verläufen an, musste ansonsten aber gänzlich auf Rekonstruktion verzichten.

Einerseits wegen der damalig vorherrschenden Wiederaufbau-Philosophie in N, nur solche Gebäude komplett zu rekonstruieren, bei denen genug verbliebene Substanz vorhanden war, andererseits natürlich aus finanziellen Aspekten. Man war beim Wiederaufbau der Burg, der Stadtmauer und einiger bedeutender Objekte der Altstadt finanziell völlig an die Grenzen dessen gestoßen, was andere Städte in den Wiederaufbau investierten. Eine Meisterleistung damals, die bundesweit seinesgleichen suchen konnte.


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Im gesamten Areal wurde also einzig und allein die Frauenkirche rekonstruiert, ansonsten ersetzte man die ehemaligen, in ihrer Versonnen- und Versponnenheit kaum glaubhaften Häuser mit profaner Nachkriegsarchitektur. Ein Vorgehen wie überall in Deutschland.

Jetzt nun die Diskussion, die wiedereinmal völlig ohne Bezug zu dieser Vergangenheit, stattfindet und die meiner Ansicht nach symptomatisch für so viele Städte in Deutschland ist:
Man äußert sich unzufrieden mit dem derzeitigen Zustand und vergisst völlig, was ehemals, im Falle Nürnberg über 500 oder mehr existent war:

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Der Nürnberger Hauptmarkt war einmal das Zentrum einer Stadt, die als Sinnbild der deutschen Romantik gesehen wurde, der Wiederaufbau des Platzes nach 45 hatte einzig und allein provisorischen Charakter.

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Es ist für mich erstaunlich, wie wenig sich viele Zeitgenossen dessen heute bewusst sind. Man klagt über den ästhetischen IST - Zustand und reflektiert nicht, wie es dazu kam, welche Geschichte dahinter steckt.

Hierzu nun der Artikel der Nürnberger Nachrichten vom 26.08.2004:

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„ (...) es müsste halt so zugehen, wie in Siena zum Beispiel, meint nicht nur eine Geschäftsfrau, die am Hauptmarkt Mittagsgerichte anbietet. Dort sei Leben, und zwar auch in den Abendstunden, die auf dem Nürnberger Stadtplatz eher Anlass zur Melancholie geben. (...)“

Bezeichnend auch dieser Ausspruch einer Nürnbergerin, die anscheinend in ihrem Leben noch nie eine alte Photographie aus der Stadt in Händen gehalten hat.

Einer Stadt, die schon zu Goethes Zeiten wegen ihrer Schönheit beträchtliche Touristenmassen bewältigen musste...

Am Ende des Artikels ist ja auch der Aufruf, sich rege an einer Diskussion zu beteiligen.

Vielleicht könnte man mal mit dem einen oder anderen Leserbrief an die „Nürnberger Nachrichten“ daran erinnern, dass eine Rekonstruktion des Hauptmarkts wie im Vorbild Hildesheim die Ödnis und Leere nahezu wegzaubern würde, Geschäftsleute mit Sicherheit keine Problme mehr hätten und der Vergleich mit Siena sogar ganz ernstaft erfolgen könnte und nicht ironisch wie im Kommentar...

Soll mal ein weiterer Stein für unsere bundesweite Bündelung an Aktivitäten sein... Bin selbst übrigens als Nürnberger deswegen auch Mitglied bei der GHND geworden, nachdem auch einige von euch den Altstadtfreunden beigetreten sind....

Wie gesagt, wir müssen ja nichts überstürzen mit einer bundesweiten Verbindung und die Zeit arbeitet ja für uns, aber ich denke, am Beispiel Hauptmarkt bewirken einige Leserbriefe oder Mails vielleicht, die Nürnberger Verantwortlichen aus ihrem Schlaf zu rütteln...
(Adresse am Ende des Artikels)

@peter
Du fragtest mich vor einiger Zeit mal, ob Du was für Nürnberg tun könntest. Hier wäre eine Idee...

Grüße aus Nürnberg

Hans-Dominik Schwabl
Mitglied

Beiträge: 120


 

Gesendet: 18:24 - 06.09.2004

Warum macht man es nicht wie in Mainz, wo man um den Dom herum die Häuser der Nachkriegszeit mit neuen traditionellen Fassaden verkleidet hat?
Sonicted
Stammgast

Beiträge: 68


 

Gesendet: 21:01 - 06.09.2004

„ (...) es müsste halt so zugehen, wie in Siena zum Beispiel, meint nicht nur eine Geschäftsfrau, die am Hauptmarkt Mittagsgerichte anbietet. Dort sei Leben, und zwar auch in den Abendstunden, die auf dem Nürnberger Stadtplatz eher Anlass zur Melancholie geben. (...)“

Häufig liegt die abendliche Leere doch auch daran, dass im direkten Innenstadtbereich einfach keine Menschen wohnen (d.h. es wurden dort keine Wohnungen gebaut). Bestes Beispiel dafür ist wohl Hamburg. In Nürnberg scheint es in der Hinsicht aber kein Problem zu geben, d.h. Menschen sind schon da?
Kai_2
Senior-Mitglied

Beiträge: 288


 

Gesendet: 21:58 - 06.09.2004

"Warum macht man es nicht wie in Mainz, wo man um den Dom herum die Häuser der Nachkriegszeit mit neuen traditionellen Fassaden verkleidet hat?"

ich weiß nicht so recht, aber das wäre nicht mein fall. schön anzusehen, klar - auf jeden fall. aber das ist für mich auch sehr provisorisch, kulissenartig. um mal das 'argument' der modernisten zu benutzen "disneyland". entweder rekos oder eine schöne, trad. ausführung, an der sich jedoch das moderne nicht verleudmen lässt, d.h. auch, dass sich diese architektur im treppenhaus, in der fenstergestaltung etc. widerspiegelt bzw. fortgesetzt wird.
eine reko à la neumarkt würde ich befürworten und könnte anklang finden - in den medien wie in der bevölkerung. in den medien besonders deshalb, weil es sich um einen - wie jürgen sagte - einzigartig erhaltenen platz handelt(e).
Schloßgespenst
Mitglied

Beiträge: 106


 

Gesendet: 10:30 - 07.09.2004

Über den "umgekehrten Fassadismus" in Mainz kann man trefflich streiten, aber der Nürnberger Hauptmarkt sieht doch so wie jetzt um ein vielfaches besser aus als der ganze 50er-Jahre-Dreck, den man im historischen Frankfurt hingebaut hat (sog. Wohnhöfe, also mit offenen Grünflächen, wo früher geschlossene Häuserzeilen waren). In Nürnberg merkt man erst auf den zweiten Blick, daß die Häuser aus der Nachkrigeszeit stammen, und jedes sieht anders aus. Wäre man in Ffm so vorgegangen wie in N., würde kaum einer vom häßlichen Frankfurt reden...

Also: Insgesamt (auch wenn Rekos wie in Danzig oder Warschau noch besser gewesen wären) haben die Nürnberger sehr viel richtig gemacht!
Kai_2
Senior-Mitglied

Beiträge: 288


 

Gesendet: 12:03 - 07.09.2004

"(...)haben die Nürnberger sehr viel richtig gemacht!"

was deutlich hervorzuheben ist! der wiederaufbau ist zwar vielleicht keine musterlösung, aber immerhin als ersatz für die verlorengegangenen altstadtareale gedacht mit bezug auf örtliche bautraditionen!
trotzdem würde ich mich für eine solche aktion, ähnlich der des neumarktes in dresden, aussprechen.
Hans-Dominik Schwabl
Mitglied

Beiträge: 120


 

Gesendet: 17:53 - 07.09.2004

In der Barockzeit und auch im Historismus und Jugendstil hat man doch oft ältere Häuser neufassadiert - war das auch Disneyland? Warum sollte man das heute nicht mehr dürfen?
PeterBerlin
Bronzenes Premium-Mitglied

Beiträge: 584


 

Gesendet: 23:51 - 07.09.2004

Hallo JÜrgen, ja ich bin absolut für den Wiederaufbau in Nürnberg, die Zeit der Provisorien sollte nun vorbei sein und man sollte sich an die Wiederherstellung großer Teile der Altstadt machen. Vorbild: Warschau. Auch hier wurde aus dem Nichts rekonstruiert, also völlig entgegen der von dir geschilderten damaligen Deutschen REko-Philosophie. Ergebnis bei Warschau: UNESCO Welterbe!!

Ja, mach doch eine richtige Aktion. Alle sollten an die Nürnberger Nachrichten schreiben. Kannst du die Adresse hier posten? Ich schreibe auch per Brief, ich glaube das ist besser als Email, und die 55 Cent sind mir das wert..

PeterBerlin
Bronzenes Premium-Mitglied

Beiträge: 584


 

Gesendet: 01:22 - 08.09.2004

PS
Sagen wir mal so: ich finde schon, dass Nürnbergs Originalbauten unvergleichlich schöner als der Ersatz war. Aber dass der Frankfurter Wiederaufbau in der (ehemaligen) Altstadt eine Katastrophe im Vergleich zu Nürnberg ist, das ist leider absolut wahr. Es sieht dort fast so schlimm aus wie in Dresdener Nachkriegsvierteln, vorteilhaft gereicht hier nur der glückliche Umstand, dass dieses abgrundtief verhunzte Viertel in Frankfurt relativ klein ist.

Aber vergiss nicht, Schlossgespenst: Damit vergleichtsts du Nürnberg ja auch mit dem denkbar schlechtesten Maßstab, also damit, wie man es NICHT machen soll. Nürnberg hat enormen Verbesserungsbedarf, aber gemessen an dem was auch hier geplant war (und Gott sei Dank verhindert wurde), ist Nürnberg ja zum Teil fast vorbildlich....
Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 19:20 - 08.09.2004

@jürgen

ich schreibe auch etwas, hätte aber gern noch etwas mehr hintergrundinformationen, insbesondere zum marktgeschehen.

an welchen tagen ist markt und zu welchen zeiten? wie sieht es mit den zusätzlichen und sonderveranstaltungen aus, wie sind die bestimmungen für die marktbeschicker und die gastronomie? wo werden stände aufgebaut, wo dürfen tische und stühle der angrenzenden gastronomie platziert werden? ein kleiner plan wäre vielleicht auch hilfreich, um tatsächliche vorschläge zu machen.

als letztes noch die frage nach den anwohner? ist der bereich um den markt in erster linie dienstleistung und gewerbe oder auch und vor allem wohnbereich?

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