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 Forum Index —› Deutschland —› Nürnbergs Wiederaufbau
 


Autor Mitteilung
Jürgen
Senior-Mitglied

Beiträge: 370


 

Gesendet: 12:00 - 07.10.2003

@norimbergus
Habe mich gestern nochmal erkundigt: Also der Verlauf der vorletzten Stadtmauer zwischen Henkersteg und Neutorturm ist definitiv nicht vollständig geklärt: Schwemmer hat also auch nicht immer recht...
Ich ändere das im .jpeg!

Grüße
Rösch
Senior-Mitglied

Beiträge: 343


 

Gesendet: 23:32 - 07.10.2003

@Jürgen

auch ich verfolge Deine Beiträge mit Begeisterung.
Die Dokumentation zur Nürnberger Stadtbefestigung ist beeindruckend.
Ein Glück, dass die Stadtbefestigung im 19.Jahrhundert nicht Opfer der herrschenden Abrissmentalitäten wurde.Interessant aber auch, dass sogar im 19.Jahrhundert historisierende zusätzliche Tore errichtet wurde, die sich den Abbildungen nach doch sehr wohl in den Bestand einfügten. Schade, dass man sie wieder abgetragen hat, sogar 1964 noch!!!

Was für ein Wunder, dass die Befestigung im 2.WK im Gegensatz zu Nürnbergs prächtigem Stadtbild stehen blieb...ein Zeichen???
Umso schlimmer, wie rücksichtslos und was für ein Versagen der 60/70er Jahre, wenn man die chronologische Entwicklung sieht...

Freue mich auf weitere Beiträge.


Vielleicht schafft es jemand eine Kartierung mit den erhaltenen/rekonstruierten und fehlenden Türmen der Nürnberger Stadtbefestigung anzufertigen...
Antiquitus
Moderator

Beiträge: 943


 

Gesendet: 22:29 - 08.10.2003

vielleicht könnte man so einen beitrag auch auf unsere seite packen...
Jürgen
Senior-Mitglied

Beiträge: 370


 

Gesendet: 00:37 - 09.10.2003

@antiquitus
Meinerseits gerne, ich würde den Beitrag für die Veröffentlichung auf unserer Seite dann nur nochmal überarbeiten:

Einige Fakten müssen noch überprüft und andere Teile ergänzt werden
(z.B. fehlt noch eine Literaturliste)

Grüße
Jürgen
Senior-Mitglied

Beiträge: 370


 

Gesendet: 23:59 - 26.10.2003

Da letztes Wochenende „Tag der offenen Tür“ in Nürnberg war, nutzte ich die Gelegenheit, mir mal den Wolff´schen Rathausbau etwas näher unter die Lupe zu nehmen.

[Link zum eingefügten Bild]

Errichtet wurde der Bau 1616-22 von Jakob Wolff d.J..
Wolff wollte sich ursprünglich anhand einer Studienreise nach Italien von der südländischen, damals neuen Idee des Bauens inspirieren lassen. Das neue (und jetzt alte) Rathaus sollte im Stil eines prunkvollen Palastes errichtet werden, wie es damals gerade zeitgemäss war.

Zurück in Nürnberg bezwang ihn das Antlitz der alten Stadt; er brachte es nicht fertig, an so exponierter Stelle einen „baulichen Fremdkörper“ zu hinterlassen. Wieder mal ordnete sich damals ein Architekt der Gesamtheit des Stadtbilds unter - stellte die eigenen Vorstellungen unter die der Gemeinschaft und trug seinen Teil zum „Gesamtkunstwerk Stadt“ bei. Ich finde das klasse!

Das Ergebnis ist also ein durch drei mächtige Portale gegliedertes, südländisch inspiriertes Bauwerk - eindeutig der damaligen Moderne verbunden, aber dennoch unverkennbar der lokalen Bautradition verpflichtet.


An so einem Tag ist es ja möglich, an Stellen in öffentlichen Gebäuden zu kommen, die normalerweise verschlossen sind. Kann ich euch nur empfehlen, so etwas mal zu machen.

Im Falle Nürnbergs bieten sich hier ungewöhnliche Einblicke:

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Ausblicke Rathausbau, Richtung Burg

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Rathaus Erweiterung „Behaimscher Anbau“ von 1514-22

Im Ratskeller, der bis zum 2.WK ja noch der Öffentlichkeit als Gastwirtschaft zugänglich war, „dinieren“ jetzt nur noch die Städtischen Angestellten, die gemeinen Bürger haben da keinen Zutritt mehr.
Damit ich jetzt nicht falsch verstanden werde: Den Rathaus-Angestellten sei es gegönnt, dort unten ihre „6 Nürnberger Bratwürste mit Sauerkraut“ zu verdrücken, aber das Ding ist: der „Durchschnitts-Nürnberger“ ahnt nicht einmal etwas von den interessanten Räumlichkeiten, die sich da im Untergrund in der Gegend des Obstmarkts verstecken. Das ist einfach nicht bekannt.

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Welch geniale Events könnte man dort unten stattfinden lassen... klar wieder mal im typisch Nürnberger (mittelalterlichen) Ambiente, aber warum nicht?
Solch eine Vielfalt hat Deutschland eben zu bieten... Von Dresdens Barock über Lübecks Hanse zu Nürnbergs Mittelalter. Ich finde, Nürnberg sollte viel offensiver mit seinem Image umgehen.

Wie 92% der Altstadt war 1945 ja auch das Alte Rathaus zerstört. Über mehrere Jahrzehnte hinweg erfolgte der Wiederaufbau.

Zustand 1945:

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Schrittweiser Wiederaufbau:

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1956 – 58: Außenfassaden, Dachkonstruktion

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1980: Rekonstruktion des kassetierten Holzonnengewölbes im Großen Rathaussaals, erste Tests auf Gesamtwirkung

Zustand 2003

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Leuchter und Holz für die Ausführung der Holzdecke wurden von den Altstadtfreunden beigetragen.

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Die ursprünglichen Gemälde und das prunkvolle Innere warten noch auf die Vervollständigung.

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Oestl. Stirnseite

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Gesamtansicht

Vieles wurde vor der Zerstörung abgegossen, fotografiert, vermessen und ausgebaut.
Leider gingen bei der jahrelangen Lagerung nach Kriegsende einige (viele?) Objekte unwiederbringlich verloren.

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Gesellenstechen von Hans und Heinrich Kuhn, Stuckarbeit, Rest des Deckenreliefs 2003, seitlich angebracht

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Gesellenstechen vor 1945, der Gipsabguss wurde vollständig über den Krieg gerettet, durch Wasserschaden in der Folgezeit aber heute unwiederbringlich zerstört.

(Das sieht auf dem Bild eher aus wie ein Gemälde - ist aber in Wirklichkeit ein absolut genial plastisches Relief, wie es Deckenreliefs in dieser Strukturiertheit in ganz Deutschland nur selten gab. Schade, kommt nicht so raus...)

Während des Krieges schaffte man in Nürnberg sämtliche Mobilien in den Kunstbunker, wo sie den Krieg überdauerten. So auch den „Schönen Saal“, der ausgelagert wurde.

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Aber jetzt kommt`s: Im schönen Saal war letztes Wochenende folgende Tafel angebracht:

[Link zum eingefügten Bild]

Interessante Infos über die Entstehung...

Nur leider stimmt es überhaupt nicht, dass man damals nur die Decke ausgelagert hat!!! Auch die Seitenwände wurden gerettet, sie „gammeln“ jetzt noch irgendwo in einem städtischen Lager vor sich hin, wie so einiges.
(Das wäre hier mal einen eigenen Artikel wert, welche Kunstschätze noch in irgendwelchen Lagern liegen!!)

Als man damals in den sechziger Jahren den Saal nämlich wiedereröffnete, entschied sich der Stadtrat lieber für die nackten, langweiligen, dunklen Tropenholz-Vertäfelungen, die noch am unteren Bildrand zu sehen sind. Die Hässlichkeit ist also gewollt und nicht Schicksal o.ä.

(Ich schreibe deswegen „gammeln“, weil sie jetzt schon seit fast 60 Jahren irgendwo in einer Ecke stehen, ohne dass man sie wieder anbringt.
Das muss man sich mal vorstellen: Anscheinend wissen das die Verantwortlichen schon gar nicht mehr... Wie sonst kommen sonst solche Informationstafeln zu Stande?)

Das sind im übrigen die Seitenwände, auf die die Stadt anscheinend getrost verzichten kann...

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Grüße
mathias
Senior-Mitglied

Beiträge: 315


 

Gesendet: 14:40 - 27.10.2003

Hallo Jürgen, Danke für deine wertvollen Informationen und Bilder zum Nürnberger Rathaus! In Städten wie Bremen und Leipzig kennt jeder die prächtigen Rathäuser, aber da Nürnberg noch so viel anderes Wertvolles zu bieten hat, steht das Rathaus hier eher im Schatten von Burg, Stadtmauer, Sebaldus- und Lorenzkirche. Dabei wird insbesondere der Große Rathaussal, wenn die wertvollen Renaissance-Fresken rekonstruiert sein werden, wieder zu den schönsten Rathaussälen Europas gehören!

Dass immer noch wertvolle Wandvertäfelungen der Öffentlichkeit vorenthalten werden und in irgendwelchen Lagern vor sich hin schlummern, ist ein Skandal! In der Nachkriegszeit kann Geldmangel als Entschuldigung für unterlassene Restaurierung und Einbau akzeptiert werden, heute nicht mehr.

Norimbergus
Stammgast

Beiträge: 82


 

Gesendet: 17:37 - 27.10.2003

Die ursprüngliche Ausmalung des Rathaussaales wird man nie rekonstruieren (können), denn das, was vor dem Krieg (und somit auf den Fotos) zu sehen war, hatte nicht mehr viel mit der ursprünglichen Gestaltung durch Dürer und seinen Umkreis zu tun. In den nachfolgenden Jahrhunderten gab es zahlreiche "Restaurierungen". Wenn der Saal nicht zerstört worden wäre, dann hätte man sicher inzwischen die in den nachfolgenden Jahrhunderten dazugekommenen Farbschichten abgetragen und die originalen Fresken freigelegt. Da dies aber nicht möglich ist wird man auf eine Rekonstruktion verzichten.

In den 80ern wurde Michael Mathias Prechtl damit beauftragt, Entwürfe für eine neue Ausmalung zu liefern. Leider weiß ich nichts genaueres darüber, nur, daß diese, als sie öffentlich präsentiert wurden, starke Proteste hervorgerufen haben und die Stadt oder der Künstler einen Rückzieher gemacht hat. Deswegen war auch das Verhältnis zwischen Prechtl und seiner (Wahl-)Heimatstadt bis kurz vor seinem Tod nicht das beste.

Meine Frage an Jürgen: weiß Du genaueres über die Entwürfe? Hast Du vielleicht sogar Bilder?
Jürgen
Senior-Mitglied

Beiträge: 370


 

Gesendet: 22:49 - 27.10.2003

@norimbergus
Die Ausmalung des großen Rathaus-Saals zog sich ja über mehrere Jahrhunderte. Sehr viele Bereiche und Ecken wurden von den untersch. Künstlern immer wieder ergänzt und übermalt, bis schließlich der Flickenteppich enstand, so wie er sich auf den Bildern präsentiert. Das ist überhaupt nichts einheitliches, wie Du auch schreibst.

Die Themen sind alle so vielschichtig und neben dem "Job" hat man immer so wenig Zeit: Also bezüglich Wiederherstellung: ich finde, eine Rekonstruktion der Wandgemälde sollte sich meiner Ansicht nach eng an Dürers Vorgaben orientieren. Der Zustand vor 45 ist m.E. nach nicht anzustreben.
Da hat man doch noch jede Menge Material (Zeichnungen, Entwürfe), soweit ich weiss.
Augsburg hat das ganze ja in einem Aufwasch damals erledigt (also Rekonstruktion und Ausmalung des Rathaussaals): Jetzt findet jeder den Augsburger Rathaus-Saal klasse.

Das Prechtel den Saal ausmalen wollte, habe ich auch schon gehört.
Ich weiss leider aber ebenfalls nichts näheres, wie das damals lief, warum sich anscheinend ein Disput entfachte.

Ich finde seine Zeichnungen ja z. T. recht interessant (positiv gemeint!). Welche Motive er für den Rathaussaal plante, weiss ich leider nicht.

Grüße
Jürgen
Senior-Mitglied

Beiträge: 370


 

Gesendet: 22:12 - 04.11.2003

Anbei zwei Motive von Prechtels Entwurf für den alten Rathaussaal, die ich zufällig gefunden habe.

[Link zum eingefügten Bild]

[Link zum eingefügten Bild]

1978 fiel der Grundsatzbeschluss des Stadtrats, den Rathaussaal zu rekonstruieren. Mitte der achtziger Jahre war der Raum an sich wiederhergestellt.(großer Teil an Spendengelder der Bürgerschaft)

Anschließend war geplant, den Saal wieder auszumalen, entweder in Anlehnung an die Dürersche Fassung von 1520/21 oder in moderner Form.

Die Jury konnte sich weder für die Dürersche noch für die moderne Variante entscheiden.

Michael Mathias Prechtl forderte 1989 seine Arbeiten zurück - der Saal wird also vorerst noch weiss bleiben.

Was Prechtl damals so auf die Palme brachte weiss ich aber immer noch nicht.
Norimbergus
Stammgast

Beiträge: 82


 

Gesendet: 18:22 - 05.11.2003

@Jürgen:

Danke!
Prechtl hat wohl seine Arbeiten zurückgefordert, weil die Reaktionen darauf teilweise sehr negativ waren. Vielleicht hat sich auch die Stadtspitze in dieser Situation nicht voll und ganz hinter ihn gestellt, weshalb er lieber von sich aus abgewunken hat als sich einem langen Streit auszusetzen (das ist aber Spekulation meinerseits). Wer das aber war, der so stark kritisiert hat, und welcher Art die Kritik war, das weiß ich nicht.
Ich muß auch sagen, daß mir die beiden Beispiele nicht sehr zusagen. Ich mag Prechtl eigentlich sehr gerne (hab mir jetzt auch den Sparkassen-Kalender besorgt, obwohl ich normalerweise für Kalender nichts übrig habe und auch nicht Kunde bei der Sparkasse bin). Er war sicher der bedeutendste in Nürnberg lebende Künstler seit dem Krieg und national und international viel zu unbekannt (er war halt kein Abstrakter, was in seiner Generation tödlich war; noch dazu war er kein Showman). Aber die beiden Bilder überzeugen mich nicht wirklich. Möglicherweise müßte man aber das gesamte Programm im Zusammenhang sehen, um das wirklich beurteilen zu können.

Wer mehr über Prechtl erfahren möchte: im DHM gab es eine große Ausstellung zu seinem 75. Geburtstag (bezeichnend, daß diese Ausstellung nicht von einem bedeutenden Kunstmuseum gemacht wurde, sondern vom Deutschen Historischen Museum), und auf seiner Homepage hat es umfangreiches Material dazu: http://www.dhm.de/ausstellungen/prechtl/

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