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 Forum Index —› Architektur allgemein —› Neues Kunstmuseum Stuttgart
 


Autor Mitteilung
Dirk1975
Moderator

Beiträge: 435


Gesendet: 19:25 - 04.03.2004

Glückliches Stuttgart: Nun haben wir mit dir, gläserner Kubus, endlich auch Baukunst von Weltformat.
Das neue Kunstmuseum sollst du beherbergen, eine würdevolle Aufgabe, der du mit deiner glänzenden und durch Verzicht auf jeglichen ornamentalen Mief unverwechselbaren Gestalt mehr als gerecht werden wirst.
Die Stuttgarter Zeitung lobt dich schon jetzt, wo deine zu träumerischem Schwelgen verlockende Außenhaut fertiggestellt ist.
Sie hebt den spannungsvollen Gegensatz heraus, den deine Schöpfer Hascher und Jehle Architekten hergestellt haben.
In dir dürfen sich Bauten längst vergangener monarchischer Zeiten spiegeln, und du fügst dich durch gekonnten Bruch mit antiquierten Baustilen selbstbewußt in dein Umfeld ein.
Vor dir stand übrigens mal das altbackene Kronprinzenpalais an derselben Stelle, das haben weitsichtige Stadtplaner in den Sechzigern aber abgerissen, sie mußten geahnt haben, daß die Maxime architektonischer Baukunst erst mit dir zum Höhepunkt gelangen würde. Kümmere dich nicht um kleinliche Kritik, jede mittelgroße Stadt Deutschlands würde bereits ein oder zwei ähnliche gläserne Würfel besitzen, du bist der schönste von allen, ganz ehrlich.
Und du wirst bestimmt weit länger hier vom Genius der Moderne zeugen als dein Vorgängerbau, der kleine Schloßplatz, der fast so wundervoll anzusehen war wie du, aber nur fast. Man hat Waschbeton einfach nicht mehr so schick gefunden. Glas ist da bestimmt zeitloser. Es spielt auch keine Rolle, daß Stuttgart jetzt die Absicht hat, die letzten verbliebenen Bürgerhäuser an der Willy-Brandt-Straße definitiv abzureißen, obwohl so ein spleeniger Investor sie erhalten, ja sogar an einen anderen Standort versetzen wollte um dies zu sichern. Jetzt wo wir dich haben, können wir mit einem beseelten Lächeln solch ewiggestrige Sorgen fahren lassen. Der Schloßplatz, Stuttgarts Visitenkarte, wird durch dich erst vervollkommnet.
Vielleicht wird man im Vorbeigehen noch das übriggebliebene Portal des alten Palais beachten, den Blick voller Abscheu abwenden und auf deine klare und rationale Fassade richten um dankbar zu sein, daß Stuttgart wieder einmal allen gezeigt hat wie Städtebau aussehen muß. Wir danken dieser Stadt und ihren Planern.


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H. C. Stössinger
Senior-Mitglied

Beiträge: 422


 

Gesendet: 20:02 - 04.03.2004

Wirklich ein wunderschönes Bild und eine schöne Laudatio zu diesem Prachtbau.

Würg!... Endschuldigung, ich muss erst einmal wo hin...

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JinStuttgart
registriert

Beiträge: 21


 

Gesendet: 23:53 - 04.03.2004

*lol* Ja, schöne Laudatio, Dirk!

Da hat man eine Jahrhundertchance verpasst. Anstelle dieses unsäglichen Glaswürfels hätte man das Kronprinzenpalais wiedererrichten sollen, das ja erst 1961 abgerissen wurde. Dann wäre der Schlossplatz wieder ziemlich komplett.
Man hat sich aber leider dagegen entschieden und darüberhinaus zwei weitere schwerwiegende Fehler begangen. Das neben der LBBW im Bau befindliche Scala wird ebensohoch und lugt über den Königsbau. Richtig schlimm wird es aber erst mit Errichtung des Stilwerks, das sich unmittelbar hinter dem Königsbau 25m hoch in den Himmel recken wird und den Königsbau dadurch deklassiert.

Fehlt nur noch der "Kurtempel", der Anfang der 60er anstelle des Neuen Schlosses geplant war.
(Ohne Schlossplatz hätte die Stuttgarter Innenstadt den gleichen Charme der Innenstädte Dortmunds und Essens.)
JinStuttgart
registriert

Beiträge: 21


 

Gesendet: 00:01 - 05.03.2004

Sowas war damals im Rat der Stadt Stuttgart wohl mehrheitsfähig:

http://www.neumarkt-dresden.de/Kulturpalastareal/bilder/kulturpalast-ruechkfront-gr.jpg

Gott sei Dank spielte die Bevölkerung, und insbesondere die Lokalpresse nicht mit.
Vennlig Gutt
registriert

Beiträge: 23


 

Gesendet: 09:59 - 05.03.2004

Ich wohne im Landkreis Esslingen und komme dann und wann mal nach Stuttgart. Ich bin jedes Mal erstaunt, wie man eine sowieso schon häßliche Stadt immer noch weiter verunstalten kann... zuerst diese bizarre Betonplattform ohne erkennbaren Sinn, und jetzt an der gleichen Stelle der übliche Glaswürfel. Und gleich dahinter weitere monströse Beton- und Glasklötze (die auch neben dem Bahnhof in großer Anzahl enstehen).

Na ja, zum Glück gibt es in Esslingen jetzt ja auch ein großes Einkaufszentrum, so daß ich kaum noch Grund habe, Stuttgart zu besuchen (da rege ich mich doch eh bloß jedes Mal aufs neue auf über soviel Ignoranz).
Claus
Mitglied

Beiträge: 164


 

Gesendet: 14:12 - 05.03.2004

Ich weiss nicht,ob das alles das letzte Aufbäumen einer verirrten Architektengeneration ist,aber in den letzten Jahren wurden unsere Städte noch einmal massiv verunstaltet.Die Hoffnung,dass nach der Wiedervereinigung ein Umdenken stattfindet,hat sich nur bei einzelnen Objekten erfüllt.
Im selben Zeitraum wurden unsere Städte aber mit Hunderten von Neubauten verglast und bestehende Brachflächen zugeklotzt und somit mit moderner Architektur besetzt.
Ich weiss nicht,ob mir ein Berliner Stadtschloss Spass macht,wenn ein paar hundert Meter weiter Spree-Manhattan entsteht.München kotzt mich von Tag zu Tag mehr an.Es gab hier einen kritischen Artikel in der Süddeutschen Zeitung über die neuen Hochhäuser,aber der kam auch erst,nachdem sie alle fertiggestellt wurden.In Braunschweig bekommen wir ein Schloss mit angrenzendem Glas-Einkaufszenttrum,in Frankfurt auch ein Schloss mit angrenzenden neuen Hochhäusern und in Hamburg eine Philharmonie mit Glasdach.
Leben wir im Glas-Land,oder was? Was soll diese Vollverglasung unserer Umwelt? Findet das eigentlich irgend jemand toll? Was für eine anspruchslose Gesellschaft ist das eigentlich? In den Siebzigern reichte der rohe graue Beton als Aussenfassade und heute reicht eine glatte Glasscheibe.Es ist nicht zu fassen.
Na ja,ein Land,welches sich Guildo Horn bei der Eurovision und Daniel Küblböck als Superstar gönnt,wird auch ein Leben im Glashaus total innovativ und spannend finden.
Und Dieter Bohlen wird bald unser neuer Bundespräsident!!
Bewacher
Mitglied

Beiträge: 215


 

Gesendet: 14:55 - 05.03.2004

@Claus

Auch wenn mir vielleicht nicht alle zustimmen, bin ich der Meinung, daß man sich nicht nur mit den (relativ seltenen) Rekos beschäftigen sollte, sondern auch viel Energie darin investieren, daß der Rest von über 99% der Planungen möglichst ansehnlich gestaltet wird - am besten die Öffentlicheit in einer möglichst früheren Phase der Planungen mobilisieren. (Die Liste der geplanten Vollglas-Kästchen könnte ich übrigens noch - leider! - verlängern).

Was allerdings die Hochhäuser angeht - ich sehe das Thema differenziert. Die am Frankfurter Thurn+Taxis-Palast finde ich inakzeptabel, da ich die Frankfurter Altstadt innerhalb der Wallanlage lieber als eine "HH-Tabu-Zone" für die künftigen Projekte sehen würde - nichtdestotrotz könnten noch einige HH's z.B. westlich der Altstadt entstehen. Dort aber auch nicht Vollglas, da es genügend davon gibt! (Z.B. Galileo, Skyper, Eurotheum usw.)
(S. im Thread "Städtebau in FFM": http://www.internetboom3.de/freeboard/board/show_thread.php?topic=128693&userid=3224&forumid=16292 )

Berlin - der Thread zur Stadtplanung dort wurde gelöscht? Würde man ihn neu anlegen, könnte man dort diskutieren, welche Gegenden als "HH-Tabu-Zonen" gelten sollten - wo aber auch eine HH-Konzentration erwünscht wäre (vor allem wohl dort, wo die ÖPNV-Anbindung besonders gut ist und es auch bereits HH's gibt).
Claus
Mitglied

Beiträge: 164


 

Gesendet: 15:01 - 05.03.2004

@Bewacher
Mit dem Argúment,man solle HH`s dort errichten,wo schon welche sind,würde ich vorsichtig sein.Genau darauf spekulieren viele Stadtzerstörer und berufen sich darauf.
Würdest Du z.B. in Paris befürworten,dass neben dem Tour Montparnasse noch weitere HH`s entstehen oder in Ledipzig neben dem mdr-Hochhaus? Immerhin sind dort schon Fakten in ´Form eines Hochhauses geschaffen worden.Der Alex in Berlin wurde so umfassend zugrunde gerichtet,dass jetzt jedem schon alles egal ist.Eigentlich hat der Fernsehturm in der Innenstadt nämlich überhaupt nichts zu suchen.
Das Stadtschloss wird wohl eines Tages so dastehen wie der Kaiserpalast in Tokyo,nämlich inmitten eines Hochhausmeeres.Das hat zwar auch was,ist aber nicht,was ich mir für die europäische Stadt wünsche.
Bewacher
Mitglied

Beiträge: 215


 

Gesendet: 15:21 - 05.03.2004

"Würdest Du z.B. in Paris befürworten,dass neben dem Tour Montparnasse noch weitere HH`s entstehen oder in Leipzig neben dem mdr-Hochhaus?"

In Paris nein, Leipzig und Berlin habe ich zuletzt vor einigen Jahren gesehen. Man muß es halt in jeder Stadt individuell besprechen - wozu ich jederzeit bereit bin, in den Threads zu den jeweiligen Städten/Ballungsgebieten natürlich.

BTW: Stuttgart - für mich eher eine Residenzstadt als eine typische Metropole mit den HH's - dort würde ich überhaupt keine ausgeprägte HH-Skyline anstreben.
Claus
Mitglied

Beiträge: 164


 

Gesendet: 16:24 - 05.03.2004

@Bewacher
Ist der Kern mal ruiniert,baut es sich leichter ungeniert?
Frankfurt war mal die Stadt mit dem grössten mittelalterlichen Kern Europas,bis zur Zerstörung im WK II.Die Innenstadt von Berlin war von kühler preussischer Eleganz geprägt.
Die deutschen Dtädte wurden sowieso vom Kopf auf die Füsse gestellt.Wenn man also im historischen und regionalen Kontext bauen wollte,müsste man HH`s grundsätzlich in Frage stellen.Paris ist das beste Vorbild,dort ist die Moderne in einem eigenen Viertel (La Defense und Bercy) zusammengefasst.Wobei Bercy auch total abgestorben wirkt.
Radikalster,wenn auch realitätsfremder, Vorschlag: Die Innenstadt von Frankfurt rekonstruiren,die HH`s in einem Zeitraum von zehn Jahren nach und nach abreissen und nach Berlin verlagern,dort auch in einem separaten Viertel zusammenfassen.Den Alex inkl. Fernsehturm komplett abreissen und die historische Mitte wieder bis dorthin ausbauen.
Denn eine Stadt wie Frankfurt mit 500-600 tausend Einwohnern wirkt total aufgeblasen und ahistorisch mit ihren Hochhäusern.
Dirk1975
Moderator

Beiträge: 435


 

Gesendet: 16:50 - 05.03.2004

Claus, mit diesem radikalen Vorschlag müßtest du im DAF um dein Leben fürchten

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